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Rückblick auf den Bar Convent Berlin 2023

Sieben Stimmen, sieben Eindrücke: Das war der Bar Convent Berlin 2023

Es ist schon eine Tradition auf MIXOLOGY Online geworden: Nach dem Bar Convent Berlin ziehen unsere Autor:innen, die auf der Messe answesend waren, mit ein paar Tagen Abstand ein kurzes, persönliches Resümee über ihre Eindrücke auf dem Berliner Messegelände.

Sarah Liewehr

Der Oktober kam, der Oktober ging – und mit ihm der immer FASTER, HARDER, BCB. Der wird gefühlt jedes Jahr nochmal etwas größer und/oder voller, Betonung liegt hier auf „gefühlt“, denn womöglich bin das nur ich. Im Vergleich zum letzten Jahr habe ich dieses Jahr immerhin an einem Tag alle Hallen geschafft, wenn auch nur im Schnelldurchgang, denn die Zeit vergeht bekanntlich anders auf dieser Messe. Herausragende Beobachtungen oder Getränke kamen mir aufgrund der Fülle nicht unter, in den Händen habe ich aber trotzdem abwechselnd einen (angenehm trockenen) Vermouth-Slushee von Belsazar, einen (etwas sehr süßen) Espresso Martini oder einen (Ume for the win!) Highball von Suntory gehalten. Was mir aber aufgefallen ist mit nun neun Jahren BCB im Nacken: Es sind mehr Frauen unterwegs auf der Messe (auch hier sage ich „gefühlt“, denn diese Beobachtung basiert nur auf meiner Wahrnehmung, durch das Nicken meiner Kollegin bestätigt). Auf den Bühnen (könnten mehr sein), aber einfach „da“ hauptsächlich. Weil sie in der Branche arbeiten. Das find ich gut, denn das war mal sehr anders.
Was allerdings gleich geblieben ist nach neun Jahren ist, dass da irgendwo zwischen all den Ständen immer ein vergleichsweise sehr großer und bunter Vodka ist. Irgendwie rührend, aber auch ein Rätsel – da ich den noch nie in freier Wildbahn angetroffen habe. Mag auch an mir liegen.

Rückblick auf den Bar Convent Berlin 2023
Rückblick auf den Bar Convent Berlin 2023

Martin Stein

Einerseits, laut meiner Apple Watch, war der BCB für mich das reinste Wellness-Event; jeden Tag alle Bewegungsringe geschlossen, maximale Schrittanzahl: 17418; andererseits könnte ich schwören, dass mich Siri mal morgens mit den Worten „Wow, you’re still alive! Amazing!“ begrüßt hat.
Beim Laufen über die Messe, das sich graduell über ein Schlendern bis hin zu einem Humpeln reduziert, fragt man sich immer wieder, wie dieses Event früher in die Station Berlin gepasst hat. Der BCB ist aber nicht nur gewachsen, er ist auch erwachsen geworden, und man hat nicht mehr das Gefühl, auf einem gigantischen Junggesellenabschied gelandet zu sein. Es ist wirklich eine Fachmesse, wenn auch nach wie vor eine, bei der Tagesplanungen ständig vom nächsten alten Freund durchkreuzt werden, dem man über den Weg läuft. Am besten, man plant erst gar nicht und lässt sich einfach treiben. Wie eine kleine Flaschenpost, quasi.
Pomp and Circumstances gab’s dafür dann dezentral im Grand Campari Hotel, und das war schon arg beeindruckend, was man da in jeder Hinsicht aufgefahren hat. Ein Monumentalfilm in Drinks, mit ausschließlich Oscar-prämierten Darstellern. Wenn Campari Lust hat, dürfen sie gerne mal einen Geburtstag von mir organisieren. Ok, da war immer schon früh Feierabend, aber angesichts der vorherigen Leistung mag ich da nicht jammern. Eigenartig hingegen, wie viele namhafte Bars in Berlin schon um Mitternacht rum zugesperrt hatten. Berlin, the city that needs an early night? Sandmännchen Takeover?
Bei den neuen Spirituosen hat mich der Ryezcal umgehauen, die Mischung aus Stork Club Rye und San Cosme Mezcal. MannMannMann, der hätte dieses Jahr die Wolken über Wacken vertrieben. Das stärkste Tag-Team seit den Bushwackers seinerzeit in der WWF.

Nils Wrage

Auf die Gefahr hin, mich mit Blick auf 2022 zu wiederholen: It’s a people’s business. Das ist für mich auch dieses Mal wieder die große Lehre und positive Erfahrung des Bar Convent Berlin 2023. Die Bühnen sind auch diesmal wieder gut versteckt. Was die aktuellen und auf dem hiesigen Markt erhältlichen Produktneuheiten angeht, verfügen wir als Redaktion zudem über die privilegierte Situation, ohnehin bereits (meistens) informiert zu sein.
Natürlich gibt es auch immer wieder hidden gems zu entdecken, auch gerade von ausländischen Produzenten, die auf der Suche nach einem Importeur oder Vertrieb für Deutschland sind. Durch den Besucherandrang und die Lautstärke der ersten zwei Messetage ist jedoch ein echter, konstruktiver Austausch mit diesen Aussteller:innen meist erst am Mittwoch wirklich möglich.
Daher bleibt der BCB in meiner Wahrnehmung auch dieses Jahr vor allem wegen seiner sozialen Funktion eines der zentralen Elemente unserer Branche: Wegen der vielen geplanten und ungeplanten Treffen, wegen der vielen Umarmungen und kurzen Gespräche mit Leuten, die man besser oder weniger kennt. Oder eben vielleicht jetzt endlich mal kennenlernt. Weil man eben weiß: Es werden alle da sein. Noch immer. You’re always running into someone. Der Bar Convent Berlin ist für mich die große, zentrale und auch geliebte Schaltstelle für dieses diffuse, chaotische, liebenswerte Netzwerk namens Bar-Community. Und das wird er auch immer bleiben. Egal, wie viel die Leute an seiner Größe rummäkeln. Denn sie kommen ja, wie gesagt, immer alle wieder dahin. Bis nächstes Jahr!

Rückblick auf den Bar Convent Berlin 2023
Rückblick auf den Bar Convent Berlin 2023

Juliane Eva Reichert

Für mich bleibt der BCB auch über die Jahre eine Veranstaltung, die ich mit meinem ersten Jahr in der Arena vergleiche; der erste BCB bleibt vermutlich für jeden besonders, dies auch bei aller Unmöglichkeit des Vergleichs. Wohingegen mir das erste Jahr auf dem Messegelände – denn ein My spießiger Nostalgie wird wohl erlaubt sein! – weniger gut gefallen hat, ist der Bar Convent auch hier in seinen neuen Anzug gewachsen. Mein Eindruck ist, dass die Abläufe gut funktioniert haben, die Wasserkühlschränke waren meist gut befüllt und auch an ausreichend Ausschilderung hat es nicht gefehlt. Für das Personal an den Ständen hätte ich mir gewünscht, dass es häufigere Wechsel gibt; drei Tage ganztags am Stand zu stehen, stelle ich mir doch extrem vor. Dafür haben sich die Kolleg:innen aber wacker geschlagen. Auch war ich positiv überrascht, wie gut die Wlan-Situation im Vergleich zu den Vorjahren geklappt hat. Man konnte sich tatsächlich verabreden und treffen – gesetzt den Fall, der Gegenüber ist nicht an einem Stand verhangen und sinniert gerade über die Möglichkeiten einer Rum-Reise durch die Karibik; aber das hat schließlich auch etwas für sich. Der Bartender’s Christmas-Teil scheint sich für mich zunehmend auf die Abende zu konzentrieren, wohingegen die Messe an sich deutlich erwachsener geworden ist: nüchtern, professionell und sachlich. Ich werde den BCB in seinem roten Kleid aus Backstein auf ewig vermissen, aber so ist das wohl; sie werden so schnell groß.

Rückblick auf den Bar Convent Berlin 2023

Manuel Bieh

Für mich war es der erste Besuch beim Bar Convent und ich hatte überhaupt keine Ahnung, was mich dort erwarten würde, wollte mich also einfach überraschen lassen. Viele Bartender, mit denen ich in den Tagen und Wochen vor dem BCB gesprochen hatte, hatten mir bereits geschildert, wie cool es dort sein würde und mir Tipps gegeben, wie ich das meiste aus meinem Besuch machen werde. Am Ende war ich einfach nur überrascht und ein Stück weit überwältigt von der schieren Größe der ganzen Veranstaltung. Ich habe nach dem Betreten der Hallen tatsächlich einen Moment gebraucht, um erst einmal anzukommen; bin dann eher zurückhaltend und ziellos durch die Hallen gelaufen und habe mir mit etwas Abstand einen ersten Eindruck verschafft. Irgendwann bin ich dann an einem Stand stehen geblieben, weil ich den dortigen Watermelon-flavored Gin spannend fand, und natürlich wurde ich direkt angesprochen, ob ich den mal probieren möchte. Das war für mich der Moment, in dem ich realisiert habe, was mich erwarten wird: viele interessante Gespräche, fachsimpeln über die verschiedensten Spirituosen und eine Menge Tastings. Letztere haben dann schlussendlich dazu geführt, dass ich am Ende des Tages, nach vielen Gesprächen, aber auch vielen bekannten Gesichtern und wirklich vielen positiven Eindrücken, den Heimweg glücklich, aber vor allem eher torkelnd angetreten habe.

Armin Zimmermann

Jeder BCB ist für mich bisher eine Steigerung gewesen. Das mag damit zu tun haben, dass mein Fokus immer mehr auf der sozialen Interaktion liegt. Man trifft alte Freunde, knüpft neue Kontakte, ist mit vielen im Gespräch. Dadurch finde ich neue Inspiration und Information, die mich durch das kommende Jahr tragen. Künftige gemeinsame Projekte werden geplant. Das geht im persönlichen Gespräch immer besser als fernmündlich oder schriftlich. Das ist das großartige am BCB: Freunde und Bekannte aus aller Welt treffen sich an einem Ort. Der Höhepunkt des Jahres.
Was mir besonders gefallen hat, ist das umfangreiche Vortragsprogramm, das über den Markenfokus hinaus geht. So soll Weiterbildung sein: An einem Ort zu vielfältigen Themen kompetente Beiträge hören. Insbesondere die DBU hat sich hier mit ihren deutschsprachigen Angeboten dieses Jahr besonders hervorgetan. Sicher, grundsätzlich können alle Besucher des Convents auch Englisch, aber in der eigenen Muttersprache einem Beitrag lauschen, ist dann eben doch angenehmer.
Es ist großartig zu sehen, wie erwachsen der BCB mittlerweile geworden ist. Die Intimität der Vergangenheit mag zwar manchmal fehlen, aber dafür bieten sich andere Möglichkeiten, nicht weniger schlecht. Und außerdem: endlich ein zügiger Einlass und ein problemloses Abgeben von Jacken und Rucksäcken.
Mein Höhepunkt für dieses Jahr? Ganz klar mein eigener Vortrag über „Forgotten Cocktails“, den ich halten durfte, denn es ist mir ein Vergnügen, mein Wissen teilen.

Rückblick auf den Bar Convent Berlin 2023
Rückblick auf den Bar Convent Berlin 2023

Stefan Adrian

Als verantwortlicher Redakteur dieses Beitrages habe ich den hinterhältigen Luxus, alle anderen Texte bereits zu kennen. Ich muss nicht mehr auf die Größe der Messe eingehen, nicht auf ihre Laustärke und schon gar nicht auf die Nostalgie zur Station Berlin. Letztere hatte ich sowieso nie, denn auch wenn ich durchaus ein Mensch mit Hang zum Pathos bin, bezieht sich das nur selten auf Gebäude. Was bei mir vor allem bleibt, ist das Gefühl, dass der BCB – und Berlin insgesamt – erst in diesem Jahr den Schauder der Pandemie endgültig abgeschüttelt, zur alten Stärke zurückgefunden und ein Zeichen gesetzt haben; wie Gandalf, der den Holzstock in den Boden rammt und dem Monster mit bebender Stimme entgegendonnert „Du kannst nicht vorbei!“. Damit gemeint sind andere Messen in anderen Ländern (I’m looking at you, Athens!), die vor allen nach der Pandemie am Lack der nach wie vor größten Bar- und Spirituosenmesse der Welt gekratzt haben. Dieses wage Gefühl mag auch meinem Lokalpatriotismus entspringen, denn ich muss nur 15 Minuten zu Fuß zur Messe laufen, aber der Eindruck hat sich zumindest in meinen Gesprächen vor Ort bestätigt. Dieser Lokalpatriotismus mag mich ebenfalls über die nach wie vor deprimierend abgefuckte Unterführung zur Messe hinwegsehen lassen. Verwunderlich fand ich lediglich, dass manche Riesen abseits der Messe agierten. Campari hat das komplete Soho House gemietet und Hendrick’s den 50 Meter entfernten Funkturm in ein Raumschiff verwandelt, waren aber – wenn ich das richtig verstanden habe – nicht offizieller Teil der Messe. Die Hintergründe dazu kenne ich zwar nicht, aber es wäre doch besser, wenn alle an einem Strang ziehen.

Credits

Foto: Bar Convent Berlin

Comments (1)

  • Daddy o's

    Ich freue mich doch immer wieder gerne auf den BCB, denn er ist nicht das Spiegelbild, nicht das was eine Bar ausmacht, was sie widerspiegeln sollte. Es ist eine Veranstaltung der immer gleichen und damit auch ewig gestrigen. Der Gast wird im Galopp des neuen vergessen obwohl er das Zentrum unseres Tun und sein sollte.
    Ihr verkommt leider nur noch Selbstdasteller die das wichtigste vergessen, den Gast!
    Grüße aus der Provinz, in der der Gast das Zentrum ist

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