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Inventur am 22. Oktober 2023

Inventur am 22. Oktober 2023 – „Wax On“ gehört zu den besten Bars der Welt

Mit den dunkleren Abenden und den ersten Herbststürmen ist sie nun wirklich voll da: Die Bar-Saison. Während vorige Woche am letzten BCB-Tag noch wahrhaftes Terrassenwetter herrschte, gibt es nun fast keine schönere Vorstellung mehr, als auf einen kräftigen gerührten Drink in die nächste Bar zu schlendern (eventuell auch vornüber gebeugt gegen den Wind).

Ein aktuelles Thema, das wir inzwischen in vielen Gesprächen mit Barbetreiber:innen als drängend wahrnehmen, ist das merklich zurückgehende Konsumverhalten ihrer Gäste. Nach eineinhalb Jahren Angst vor Krise, Inflation und steigenden Zinsen gehen die Menschen vorsichtiger mit ihrem Geld um. Sie bestellen, so viele Barleute uns gegenüber, weniger Drinks, bleiben länger an einem Cocktail hängen oder kommen schlicht seltener. Für die Bars bedeutet das eine weitere Challenge nach ein paar an Challenges nicht armen Jahren. Dennoch ist das Verhalten der Gäste vollkommen nachvollziehbar: Wer nicht weiß, wie sich die Lebenshaltungskosten, Mieten oder die Anschlussfinanzierung für die eigene Wohnung in den nächsten Monaten entwickeln, legt eher ein wenig auf die Seite anstatt den dritten 13-Euro-Manhattan an einem einzigen Abend zu ordern. Welche Erfahrungen machen Sie? Ganz gleich, ob Sie an der Bar tätig sind oder gerne als Gast in Bars gehen – wir freuen uns über Ihre Nachricht an [email protected].

Und wie es sich gehört, werfen wir jetzt einen Blick auf die News und Themen der Woche.

Deutschland hat wieder eine Bar in den „World’s 50“

Am Dienstag war es so weit: In Singapur ging die große Bekanntgabe-Sause der World’s 50 Best Bars über die Bühne. Erneut steht der vermeintlich beste Trinktempel der Welt in Barcelona, allerdings ein anderer als letztes Jahr: Das „Sips“ von Simone Caporale klettert erstmals auf den Spitzenplatz, der Vorjahressieger „Paradiso“ erreicht einen beachtlichen Rang 4. Auf den Plätzen 2 und 3 finden sich das „Double Chicken Please“ (New York) und das „Handshake Speakeasy“ in Mexico-City. Überhaupt zeigen die Bars aus spanischsprachigen Ländern enorme Präsenz: In den Top 10 sind sie mit 5 Bars vertreten, auf der der gesamten Liste mit 12.

Großen Jubel dürfte es in Berlin-Neukölln gegeben haben: Mit dem „Wax On“, das erst vor zwei Wochen der große Abräumer bei unseren Mixology Bar Awards gewesen war, steht erstmals seit mehreren Jahren wieder eine deutsche Bar in der renommiertesten globalen Bestenliste – auch wir gratulieren zum Neueinstieg auf Platz 29. Wie schon praktisch traditionell nicht vertreten sind leider Österreich und die Schweiz. Einen Blick auf die komplette Liste kann man hier werfen.

Nächster Preisrekord bei Scotch-Auktion möglich

Über die legendäre „1926 Adami“-Abfüllung von The Macallan wird immer wieder geschrieben (u.a. auch hier bei uns): Die Sorte entstammt einem Einzelfass von Macallan, das 1926 belegt und dessen Inhalt 1986 (also nach 60 Jahren Reifung) abgefüllt wurde. Aus der kompletten Charge Single Malt wurden außerdem lediglich zwölf Flaschen mit handgemalten Etiketten des italienischen Künstlers Valerio Adami versehen. Mit einem Verkaufpreis von knapp 1,5 Millionen Pfund (Ende 2019) hält eine dieser Flaschen den bisherigen Preis-Weltrekord für eine Einzelflasche Whisky.

Das könnte sich bald ändern: Wie u.a. die FAZ mit Bezug auf die dpa berichtet, kommt bei Sotheby’s demnächst eine weitere Adami-Flasche unter den Hammer. Der Schätzpreis liegt zwar bei „nur“ 1,2 Millionen Pfund – da die Flasche jedoch als erste der Kollektion direkt vor Ort in der Macallan Distillery überprüft und sogar quasi „saniert“ wurde, könnte sich der Preis letztlich doch noch steigern. Wer also ein wenig Kleingeld übrig hat, sollte sich am 18. November in den Flieger nach London setzen.

Doppelter Punch: Jean-Claude van Damme und Floyd Mayweather mit eigenen Whisk(e)ys

Inzwischen könnte man neu lancierten Promi-Spirituosen beinahe eine monatliche oder zweiwöchentliche Rubrik widmen. Das tun wir natürlich nicht, aber können unsere geheime Liebe für den Boulevard auch nicht komplett unterdrücken, so dass wir an dieser Stelle immer wieder darüber berichten. Diese Woche sozusagen mit einem buchstäblichen Doppel-Schlag:

Wie The Spirits Business im Lauf der Woche in zwei Meldungen mitteilte, bringen sowohl Jean-Claude van Damme als auch Floyd Mayweather Whisk(e)ys auf den Markt. Demnach ist der belgische Kampfsportler und Schaupieler ab sofort mit seinem „Old Oak“ auf dem aktuell sehr dynamischen Irish-Whiskey-Parkett aktiv, während der ehemalige Boxweltmeister und einst bestverdienende Sportler der Welt mit „The Good Money“ eine Canadian-Whisky-Marke auf den Markt bringt. Über die realen Produktionsorte und -Hintergründe der Spirituosen erteilen die Meldungen leider keine Auskunft. Welch Überrasschung.

Tiefseetaucher – da war ja was…

Ohne jetzt belehrend klingen zu wollen: Viele junge Barleute werden mit dem Begriff Tiefseetaucher vielleicht nichts mehr anfangen können. Bei mittelalten oder älteren Bar-Semestern hingegen dürften die Alarmglocken läuten: Schließlich gab es im ersten Buch von Charles Schumann (Schumann’s Barbuch, 1984) die Rum-Cocktail-Trilogie aus Leichtmatrose, Schwermatrose und Tiefseetaucher.

Letzterer ist nicht durch seinen Geschmack berühmt geworden, sondern einzig und allein dadurch, dass er 16 cl Spirituose (davon 6 cl Overproof Rum) auf die Waage bringt. Ein Drink also, durch den sich so mancher Mann (sowas machen ja irgendwie nur Männer) zu einem Selbstversuch animiert fühlt. Gescheitert ist dabei der Süddeutsche-Autor Tobias Haberl. Allerdings nicht, weil er den Cocktail nicht vertragen hat, sondern weil Charles Schumann persönlich ihm den Drink nicht servieren wollte. Ein unterhaltsames kleines Lesestück, wie gemacht, um am Sonntagnachmittag in die skurrilen Blüten der Bar-Vergangenheit zu linsen.

Credits

Foto: everettovrk - stock.adobe.com

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