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Single Malt

Fünf mal Turbo für Single Malt

Dem Destillerie-Sterben der Achtziger Jahre folgte der Boom der Neunziger. Heute kommt Single Malt bei der Nachfrage kaum hinterher. Wir haben fünf Marken unter die Lupe genommen, die dem Whisky-Markt derzeit besonders viel Dynamik verleihen.
1976 wurde bereits die Frage abschließend beantwortet, die sich die Welt über Schottland stellte. Der muntere Niederländer Nico Haag sang: „Unter dem Schottenrock ist gar nichts, da ist nichts und da war nichts, doch drüber hängt ein großer Sack mit Pfeifen.“

Single Malt und die Achtziger Jahre

Im gleichen Jahr stellte die Destillerie Ben Wyvis in den nördlichen Highlands die Produktion ein und wurde im Folgejahr geschlossen und abmontiert. Das Jahr scheint im Rückblick die große Whisky-Krise der 1980er Jahre eingeläutet zu haben. In der Folge schlossen zahlreiche Destillerien ihre Pforten und alleine im Jahr 1983 endete die Produktion von Köstlichkeiten wie Banff, Brora, Glen Albyn, Glen Mhor, Glenlochy, Glenugie, Glenury Royal, Port Ellen und St. Magdalene.
Die damit verbundenen gesunkenen Produktionsmengen – insbesondere ihr Fehlen! – spüren wir heute schmerzhaft, da die alten Bestände in den Warehouses knapp werden und gereifte Abfüllungen rar werden und sogar verschwinden, um durch No-Age-Statement (NAS) Whiskys ersetzt zu werden.

Neue Märkte, neue Marken für Single Malt

Internationale wirtschaftliche Veränderungen, Entwicklungen und der Fall des Eisernen Vorhangs sorgen ab 1990 für neue Märkte für Whisky und eine deutliche Steigerung der Export- und Verkaufszahlen: Indien, China, Russland und Brasilien wollten erschlossen werden und zeigten sich auch für die Premium-Produkte empfänglich.
Die ersten Neugründungen finden statt. 1990 eröffnete Kininvie in Dufftown und 1993 beginnt die Produktion bei Arran auf der gleichnamigen Insel. Und seit 2004 eröffnet fast jedes Jahr eine neue Destillerie. (Zehn davon stellten wir in der MIXOLOGY Ausgabe 3/2017 vor). In diesem Herbst dürfen wir uns auf den ersten Dreijährigen der jungen Glasgow Destillerie freuen.
Wer heute die Highlands, die schottischen Inseln oder sogar die fast vergessenen Lowlands besucht, spürt die Aufbruchstimmung. Areale werden ausgebaut, Produktionsmengen hochgefahren und neue Techniken implementiert, um effektiver herstellen zu können. Werfen wir einen Blick auf fünf der Unternehmen, die dem Whisky-Markt derzeit besonders viel Dynamik verleihen und bemerkenswert intensiv investieren.
Tomatin
Kaum eine Destillerie verkörpert die Höhen und Tiefen, den Rückschlag und den Tatendrang, so deutlich wie Tomatin. Der Name der 1897 gegründeten Destillerie nahe Inverness bedeutet „Wacholderbusch“, dennoch widmen sich die Destillateure nicht dem Gin, sondern dem Whisky. 1974 produziert Tomatin 12 Millionen Liter und ist damit zu jener Zeit die größte Destillerie des Landes. Aber auch Tomatin wird von der Krise der 1980er Jahre gebeutelt. Nach der Insolvenz 1985 übernehmen die Takara Shuzo Co. und Okara & Co.  den angeschlagen Whisky-Riesen. Tomatin wird somit die erste schottische Destillerie in japanischem Besitz.
Im Laufe der letzten zehn Jahre ist die Marke im Wandel und Wachstum begriffen. Statt schiere Ausstoßmenge zu produzieren, geht der Fokus auf vielfältige und abwechslungsreiche Qualitäten.  Die Core-Range umfasst sieben ständige Abfüllungen von 12 bis 36 Jahre. Dazu kommen spezielle Holzfasseditionen mit Sherry- oder Virgin-Oak, Jahrgangsabfüllungen und die Untermarke Cù Bòcan mit getorften Varianten. 2016 fand ein kompletter Relaunch des Flaschendesigns statt, und auch im Preis-Leistungs-Verhältnis lässt die Marke nichts zu wünschen übrig.
Glen Moray
Ursprünglich eine Brauerei, beginnt die Unternehmensgeschichte von Glen Moray in der Speyside 1897. 1920 kauft das Unternehmen Macdonald & Muir die Destillerie, die in finanzielle Schräglage gekommen war. 1996 benennt sich Macdonald & Muir in Glenmorangie Company um. Whiskys von Glen Moray dienen hauptsächlich als Rückgrat für Blends, 2004 kauft Louis Vuitton Moët Hennessy die Marke, um sie 2008 wiederum an La Martiniquaise zu verkaufen, den zweitgrößten Spirituosenkonzern Frankreichs.
Die neuen Betreiber investieren kräftig und bauen 2015 gleich zehn neue Brennblasen ein, um den Ausstoß auf eine Jahresproduktion von stolzen 4,7 Millionen Litern zu steigern. Zeitgleich erscheint die neue Classic Collection  mit einem NAS Basic Whisky, Whiskys mit Port-, Sherry- und Chardonnay-Finish sowie einer getorften Variante. Es folgen die Elgin Heritage Collection und die Elgin Reserve und Prestige Range, mit denen dann 2017 das 120-jährige Jubiläum gefeiert werden konnte.
Glenallachie
Der Name Billy Walker ist eng verbunden mit der Erfolgsgeschichte der Ben Riach Destillerie, die er seit 2004 in die Erfolgsspur führte. Zu dem Unternehmen Benriach Distillery Co. Ltd.  kam 2008 noch Glendronach hinzu und 2013 Glenglassaugh. 2016 wurden die drei Destillerien für 285 Millionen Pfund (ca. 330 Mio. Euro) an Brown-Forman verkauft.
Aber der rastlose Mr. Walker zog sich mitnichten aufs Altenteil zurück, sondern widmete sich einem nächsten Destillerieprojekt, indem er 2017 von Chivas Brothers (Pernod-Ricard) die Glenallachie Destillerie und auch eine beträchtliche Menge an Whiskys verschiedenster Jahrgänge übernahm. Die Verkaufssumme blieb ein Geheimnis.
Die Brennerei aus der Speyside-Region wurde 1967 im Whisky-Boom jener Tage gegründet und in den Krisenjahren der 1980er eingemottet. 1989 übernimmt Pernod Ricard die Marke und fährt die Produktion wieder hoch. Originalabfüllungen kommen sehr selten auf den Markt. Der Großteil der Produktion wandert in Blends, insbesondere in den Glen Campbell, einen der Marktführer bei Blended Scotch in Frankreich. In diesem Jahr, 2018, kommen nun die ersten Originalabfüllungen der neuen Betreiber auf den Markt, und die Whisky-Welt freut sich auf gereifte Whiskys im Alter von 10, 12, 18 und 25 Jahren.
Diageo
Der Getränke-Gigant ist mit allerhand Bier, Gin, Rum, Tequila, usw. in mehr las 180 Ländern rings um den Erdball aktiv. Aber auch im Bereich des schottischen Whiskys sehr präsent und knackt demnächst die Zahl von 30 Destillerien. Die letzten Monate waren voll von spektakulären Nachrichten um das Unternehmen, das seine Aktivitäten rings um Scotch und Single Malt beträchtlich ausbaut.So wurde 2017 das Produktionsverfahren verändert, um die Ertragsmenge steigern zu können. Zudem kann mit Hilfe eines effektiveren Reinigungssystems nun eine höhere Zahl an Maischen angesetzt werden. Bei Mortlach wurde die Produktion 2017 stark heraufgefahren und in Kürze steht auch hier ein neuen Design- und Aging-Konzept bevor.
Dazu wächst die Singleton-Familie beständig weiter. Neben Glendullan und Dufftown zählt Glen Ord zum Herzstück der Serie, die künftig weiter ausgebaut wird und, wie Diageo erklärt, die Marktführerschaft von The Glenlivet und Glenfiddich attackieren soll. Die Nachricht, die mit Donnerhall in die Whisky-Welt einschlug, erfolgte im  Oktober 2017, als das Unternehmen verkündete, die geschlossenen Kult-Marken Brora und Port Ellen wiederzubeleben.
Bushmills
Die bekanntest Single Malt Marke Irlands heißt Bushmills in Nordirland und wurde bereits 1784 gegründet. 2005 hatte Diageo die Destillerie von Pernod Ricard übernommen, um kräftig zu investieren und die Produktion auf 4,5 Millionen Liter hochzufahren.
Zahlreiche Augenbrauen gingen ungläubig staunend in die Höhe, als Diageo 2014, inmitten des Mega-Booms rings um Irish Whiskey, den Verkauf der Marke ankündigte. Nun gehört die Marke zu Casa Cuervo, und die Tequila-Spezialisten legten los wie die Feuerwehr. 2015 erfolgte die Ankündigung, 30 Millionen Pfund in neue Gerätschaften zu investieren, mit dem Ziel, die Produktion zu verdoppeln. 2017 begann dann eine erneute Erweiterung in Form von 29 neuen Lagerhäusern.

Credits

Foto: Shutterstock

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