TOP

Die MIXOLOGY-Verkostungsrunde Oktober 2018

Das Luscombe Cucumber Tonic begeistert die Redaktion. Und auch beim Little Crab Wermut geraten die Tester ins Schwärmen. Abseits davon kommen zwei neue Gins und ein alter Brandybekannter im neuen Finish auf den Tisch.
Nach verlängerter Sommerpause meldet sich die Verkostungsrunde zurück zum Dienst. Und ja, es sind schon wieder zwei Gins dabei – was soll man machen? Doch es gibt noch mehr: Brandy, deutschen Wermut und mit dem Luscombe Cucumber Tonic ein echtes kleines Schätzchen. Damit machen wir auch gleich den Anfang.

Luscombe Cucumber Tonic

Klassische Küchenaromen bleiben en vogue bei Limonaden, das zeigt sich abermals im Hause Luscombe. Dort ergänzt ein Cucumber Tonic nun die Range aus Fillern wie dem klassischen Devon Tonic und Ginger Beer. Erfreulich ist dabei gleich der Duft der klaren Limonade aus der simplen Glasflasche: Es wuchert ein wahrhaft „grünes“ Aroma mit prägnanten, aber nicht penetranten Noten von Gurkenschale, dazu treten etwas Zitrus und Mineralität sowie ein Anklang von Dillblüten, der freilich auch nur der Assoziation durch die Gurke geschuldet sein mag.
Seine eigentliche Stärke spielt das Luscombe Cucumber Tonic dann aber im Mund aus, wo es trocken, knackig und mit ordentlich Frische punkten kann. Dabei halten sich die Nuancen von Gurke die Waage mit Bitterkeit und Säure, die feinperlige, kraftvolle Kohlensäure sorgt für ein volles Mundgefühl. Damit, aber auch durch das crispe Finish, unterstreicht das Luscombe Cucumber Tonic ganz klar die Prämisse, weniger Limonade, sondern in erster Linie wirklich ein aromatisiertes Tonic sein zu wollen. Absolute Probierempfehlung, sowohl als purer Erfrischer wie auch als Filler!
200 ml
o% Vol., ca. € 1,50
– luscombe.de

Little Crab Rheingau Riesling Wermut

Den Gin der wahrhaft blutjungen Marke Little Crab gab es bereits in der MIXOLOGY-Sonderausgabe 2018 zu sehen, nun folgt hier der Wermut aus dem Kooperationsprojekt von Winzerin Christin Jordan und Destillateur Lars Erdmann. Der Wermut kommt dabei ohne einordnende Bezeichnung wie „Dry“ oder „Sweet“ daher.
Woran das liegt, zeigt sich schnell im Glas, denn der Little Crab Wermut erscheint gewissermaßen als Hybrid: Farblich geradezu ein heller Rosé, gibt sich die Nase als eigenwillige Mischung der unterschiedlichen, klassischen Stile. Einerseits mit markanter, herbaler Würze versehen, dominieren doch zunächst Aromen von Rosenblüte, Quittengelee, Aprikose und Honig. Diese tendenziell eher an süße Gefilde gemahnende Aromatik wird durch das Geschmacksbild gekonnt in Spannung gesetzt, denn der Little Crab Wermut tritt nach dem Nosing überraschend schlank, trocken, bitter und säuerlich auf. Mit seiner klar herausgearbeiteten, weinigen Struktur, etwas Herbalität und besonders dem ölig-zestigen Zitrusfinish präsentiert sich der auf moderate 17% Vol. aufgespritete Wein als sehr interessante Mix-Alternative, aber ebenso als purer Aperitif oder Grundlage für schlichte Highballs mit Tonic und Soda.
500 ml
17% Vol., ca. € 29,50
– littlecrab.de

Rick Rich Dry Gin

Mit gleich drei Qualitäten betritt der österreichische Rick Gin das Parkett. Kern der Range ist dabei die „Rich“-Abfüllung, die als betont klassische Interpretation den Widerpart zu einer mediterranen Variante stellt. Eine dritte Sorte mit leicht erhöhtem Alkoholgehalt komplettiert die Markenreihe. Über jeden Zweifel erhaben ist auf jeden Fall das stimmige Packaging in der gedrungenen Zylinderflasche samt Stopfen und edel gestaltetem Label.
Dem Anspruch, die klassische London-Dry-Stilistik zu bedienen, wird der Rick Rich Dry Gin denn auch tatsächlich überaus gerecht: Wacholder gibt ganz klar den Ton an mittels deutlicher Noten von Moos, Fichte und Pinie. Etwas würziges Zitrus und eine erdige Spur von Angelika-Wurzel runden das Bukett zusammen mit hintergründigen Nuancen dunkler Früchte ab. Auf der Zunge zeigt sich die Eigenwilligkeit durch eine präsente Pfefferschärfe, die jedoch insgesamt schnell wieder Platz macht für die gewollte, typische Charakteristik: Mit schöner, viskoser Bindung und zurückhaltender Ethanolsüße „rollt“ der Rick Rich Dry Gin über Zunge und ist insgesamt sehr crisp, knackig, würzig und trocken. Ein durchaus echter London Dry mit kleinen, individuellen Anklängen, der besonders dadurch für Aufmerksamkeit sorgt, dass es ihm gelingt, mit vergleichsweise leichten 43% Vol. eine beeindruckende Intensität zu vermitteln.
500 ml
43% Vol., € 39,90
– rick-gin.at

Ki No Bi Kyoto Dry Gin

Japanischer Gin wird allmählich zu einer echten Untergattung, die international viel Beachtung bekommt. Nikka und Suntory haben bereits vorgelegt, nun folgt beispielsweise Ki No Bi aus Kyōto. Wie nicht anders zu erwarten – Achtung, Japan-Klischee! – ist das minimalistische Design der schwarzen Flasche über jeden Zweifel erhaben. Darin verbirgt sich ein Dry Gin mit 45,7% Vol.
Der Wacholder im Ki No Bi ist deutlicher herausgearbeitet als in anderen japanischen Gins, allerdings nach wie vor recht zart. Seine Herkunft betont der Gin durch kräftige Töne von Yuzu und Bergamotte, etwas Sencha-Tee und eine sehr typische Aromatik des verarbeiteten Sansho-Pfeffers. Am Gaumen zunächst überraschend alkoholisch, ist der Ki No Bi nach der dezenten Nase relativ breit und adstringent, nach hinten raus mit einer deutlichen Süße. Insgesamt wird er geprägt durch die pikanteren Komponenten und nach wie vor Zitrus, bleibt dabei jedoch aufgrund etwas abwesender Mittelnoten insgesamt ein wenig unentschlossen und mit nur kurzem Abgang versehen. Er dürfte es im Kräftemessen mit starken Tonics der alten Schule schwer haben.
700 ml
45,7% Vol., ca. € 49,90
– kyotodistillery.jp

Carlos I Amontillado Finish

Mit zwei neuen Finishings ergänzt die Bodega Osborne aus El Puerto de Santa María derzeit ihre Premium-Brandy-Marke: Der ikonische Carlos I wird dann nach der eigentlichen Reifung noch einer weiteren Lagerung unterzogen, jeweils in Fässern, in denen zuvor Pedro-Ximenez- oder Amontillado-Sherry ruhten. Die Verkostungsrunde nimmt sich die Variante vor, die durch die trockene Amontillado-Spielart geprägt wird.
Und jener Amontillado springt den Genießer beim Nosing wahrhaft an: Die Aromatik ist extrem nussig, besonders Haselnuss, Mandel und Marzipan beherrschen das Bild. Dazu kommt der typisch hefige Duft trockener Sherrys, außerdem das ebenfalls stilbildende Fino- und Amontillado-Element von säuerlichem Apfel. Ein zarter Anklang aus Sahnetoffee rundet das Bild ab. Geschmacklich bestätigt der Carlos I Amontillado diese Eröffnung: Er ist cremig-mild mit etwas hellem Karamell, flankiert dies aber mit etwas Salmiak, grüner Frucht und der für viele trockenen Sherry-Gangarten oft klassischen, feinen Salzigkeit. Ein problematischer Punkt dürfte in einigen Fällen die angesprochene Milde sein, denn der Brandy ist wirklich extrem mild, für viele Kenner und Liebhaber (sowie für den Mix-Einsatz) eindeutig zu mild und leicht. Zwar mit durchaus extraktreicher Aromatik (die ihn allerdings sehr in Richtung Sherry drückt), lässt er ein wenig die gewünschten Ecken und Kanten vermissen, die man sich von einem Mix-Brandy erhoffen würde.
700 ml
40% Vol., ca. € 39,99
– carlosbrandy.com

Credits

Foto: Nils Wrage

Kommentieren