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Verkostung September 2023

Zwischen Madre und Madame: Die Mixology-Verkostungsrunde im September 2023

In diesem Monat wird in unserer MIXOLOGY-Verkostungsrunde wieder geliefert: Stork Club Wine Cask Series, Madre Mezcal Ensamble, Ferdinand’s Barrel Aged Vermouth, Madame Milù Kräuterlikör und Ardbeg Anthology The Harpy’s Tale sorgen für Spaß im Glas.

Hinweis: Die Verkostung basiert ausschließlich auf redaktioneller Basis. Die Flaschen wurden MIXOLOGY für die Verkostung unentgeltlich zur Verfügung gestellt oder ungefragt zugesandt. Es erfolgt weder eine Einflussnahme auf die Bewertung, noch erfährt MIXOLOGY finanzielle Zuwendungen durch eine Veröffentlichung oder Verlinkung.

Dieser Rye Whisky von Stork Club wurde in einem Sauvignon Blanc-Fass des Weingutes „von Winning“ nachgereift
Dieser Rye Whisky von Stork Club wurde in einem Sauvignon Blanc-Fass des Weingutes „von Winning“ nachgereift

Stork Club - Wine Cask Series Batch 1

Das dynamische Duo hat wieder zugeschlagen. Die Gesichter des deutschen Stork Club Whiskeys, Steffen Lohr und Bastian Heuser, sind der Barszene bestens bekannt. Ähnlich innovativ und treffsicher, wie sie in den letzten zwei Jahrzehnten die deutsche Barszene beeinflusst haben, legen sie mittlerweile neue und spannende Rye-Whiskys auf. Wine Cask Series Batch 1 ist der offizielle Titel der neuesten Abfüllung. Der Whisky aus 100% Roggen wurde nach einer Lagerung in Ex-Bourbon-Fässern in einem 500l-Fass nachgelagert, in dem zuvor ein Sauvignon Blanc des Weingutes „von Winning“ aus der Pfalz lag. Durch das 500-Liter Fass ist die Abfüllung naturgemäß limitiert. 900 Flaschen des fünf Jahre lang gereiften Rye gibt es insgesamt.

Strohgelb liegt er im Glas und verströmt einen klassischen „Rye“-Duft, der allerdings ein wenig gedämpft wirkt. Mit ein wenig Geduld sind die Einflüsse des Weinfasses in der Nase bemerkbar. Eine, reife, frische, fruchtige Note schwingt mit, gedörrtes Obst, grüner Apfel, Stachelbeere sind erste Assoziationen. Am Gaumen dann die großartige Fortsetzung dieses Eindrucks. Roggen spielt klar die dominante Rolle, aber die fruchtigen Töne des Sauvignon Blancs sind prägnant zu erkennen. Vollmundig, klar und die 43% Vol. ideal eingebunden, macht Batch 1 der Wine Cask Series viel Spaß – und man darf hoffen, dass bereits andere Fässer dieser Serie im Warehouse in Schlepzig liegen. Der mixenden Leserschaft mag an dieser Stelle noch ans Herz gelegt werden, mit diesem Rye einen Manhattan mit weißem Wermut oder einen simplen Mizuwari zu mixen. Passt hervorragend.
Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt: 43% Vol.
UVP: ca. € 59,90
Vertrieb: Stork Club Whiskey

Madre Mezcal Ensamble

Die Auswahl an Tequila und Mezcal wird immer größer. Trotz eines gewissen Hypes stoßen beide Destillate immer noch auf eine Menge Skepsis, und nicht wenige lehnen es komplett ab, diese Kategorie überhaupt einmal zu probieren. Einen leichten Einstieg in diese Welt möchte Madre Mezcal schaffen. Der wird laut Angaben in den Hügeln Oaxacas gänzlich in Handarbeit gefertigt und ist durch seinen Mix aus Espadin- und Cuishe-Agaven fruchtiger und deutlich milder als die bekannteren Vertreter. Glasklar kommt Madre Mezcal aus der Flasche; in der Nase eher ruhig und verhalten, auch wenn sich die Kategorie Mezcal nicht leugnen lässt. Viele grüne Anklänge in der Nase und nur eine sehr leichte Rauchnote können schon einmal begeistern. Die 45 % Vol. machen aus ihrer Existenz kein Geheimnis und sind neben den grasigen Noten deutlich präsent.

Also ran an den Speck. Der erste Eindruck ist angenehm. Frisch, beinahe minzig ist der erste Moment, bevor sich ein angenehmer salzig-rauchiger Geschmack einstellt, der lange anhält und mit einem süßlichen Abgang endet, der beinahe an Kakao oder Zartbitterschokolade erinnert. Ein perfekter Mezcal, um seine Agavenliebe neu zu entdecken. Als Einstiegsdroge empfehle ich einen Mezcal Negroni mit einem Hauch Chocolate Bitters.

Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt: 45%
UVP: ca. € 49,95
Vertrieb: Barrel Brothers

Der Madre Mezcal ist ein perfekter Mezcal, um seine Agavenliebe (neu) zu entdecken
Der Ferdinand's Barrel Aged Vermouth ist großartig im puren Genuss, aber mit Bedacht beim Mixen einzusetzen
Der Ferdinand's Barrel Aged Vermouth ist großartig im puren Genuss, aber mit Bedacht beim Mixen einzusetzen

Ferdinand's Barrel Aged Vermouth

Ferdinand’s Barrel Aged Vermouth
Eine ganze Menge limitierter Flaschen ist es in diesem Monat, die es zu verkosten gilt. Die zweite limitierte Abfüllung ist der fassgelagerte Wermut von Ferdinand’s, mit dem in diesem Jahr das zehnjährige Bestehen der Marke gefeiert wird. Grundlage der Abfüllung ist der klassische rote Wermut von Ferdinand’s. Basierend auf Riesling aus dem Saarburger Rausch, verfeinert mit 18, zum Teil selbst angebauten Botanicals, und anschließend 15 Monate lang in Holzfässern gelagert, die vorher Moscatel Süßweine beherbergten. Laut Herstellerangaben verzichtet man auf die Zugabe von Süßungsmitteln und Farbstoffen und lässt den Wermut für sich sprechen.

Im ersten Moment ungewohnt ist dann auch die helle Farbe und die „Durchsichtigkeit“ des Wermuts, sobald er aus der Flasche ist. Der erste Eindruck ist eher fruchtig, die Fassnoten sind sehr hintergründig. Die Süße ist sehr angenehm und sehr zurückhaltend im Vergleich zu vielen anderen Wermuts. Großartig im puren Genuss, aber mit Vorsicht zu behandeln im Mix. Als Partner für Gin, zum Beispiel im Martinez, passt der Barrel Aged Vermouth großartig, an der Seite von Bourbon oder gereiftem Rum fehlt ihm ein wenig die Dominanz.

Flaschengröße: 500 ml
Alkoholgehalt: 19% Vol.
UVP: ca. € 24,99
Vertrieb: Capulet & Montague

Madame Milù

Betrachtet man die Marketingtexte mancher Produkte wie einen Beipackzettel von Medikamenten, kann man schnell den Eindruck bekommen, dass es sich bei manchen Spirituosen um den Zaubertrank unbeugsamer Gallier handelt. Ob es so einwandfrei ist, von „hochverdaulich“ im Zusammenhang mit Alkohol zu sprechen, liegt nicht in meiner Entscheidungsgewalt, fiel aber sofort auf als ich das „Beiblatt“ zu Madame Milù gelesen habe.

Aber kommen wir zum wesentlichen, dem Inhalt der Flasche. Aus Kalabrien stammt dieser Kräuterlikör und soll nach einem „authentischen Rezept“ hergestellt werden. Überraschend ist in jedem Fall die Farbe. Klar und farblos ist für einen Kräuterlikör eher ungewöhnlich. Die 45% Vol. machen sich bereits in der Nase bemerkbar, neben einer minzigen Frische und einem bunten Mix an Aromen, aus dem Salbei am deutlichsten hervorscheint. In der Verkostung anfangs wieder mit sehr angenehmer Frische und sehr zurückhaltendem Alkohol, allerdings einer deutlichen Süße, die an der Grenze von „zu süß“ liegt für meinen persönlichen Geschmack. Der kräutrige Nachhall ist allerdings sehr angenehm und bleibt lange bestehen. Lässt sich ideal mit kräftigen London Dry Gins kombinieren, und gibt löffelweise im Whiskey Sour eine nette Abwechslung.

Flaschengröße 700 ml
Alkoholgehalt 45%
UVP: ca. € 37,90
Vertrieb: Compagnia dei Caraibi

Der Kräuterlikör Madame Milù stammt aus Kalabrien
Der Kräuterlikör Madame Milù stammt aus Kalabrien
Der Harpy's Tale ist ein wundervoller, eindeutiger Vertreter von Ardbeg
Der Harpy's Tale ist ein wundervoller, eindeutiger Vertreter von Ardbeg

Ardbeg Anthology The Harpy's Tale

Ob es sich bei Single Malts um literarische Werke handelt, bin ich mir nicht ganz sicher. Übersetzen wir aber „Anthology“ mit „Sammelband“, so kommen wir der Wahrheit im Fall von Ardbeg schon ein ganzes Stück näher. Wenige Whiskys sind bei Sammlern so beliebt wie der markige Malt von der Insel Islay, was meist zur Folge hat, dass vieles schon vor der offiziellen Veröffentlichung ausverkauft ist. Im Gegensatz zu den meisten Abfüllungen der jüngeren Vergangenheit, verzichtet Ardbeg bei der neuesten Abfüllung „The Harpy’s Tale“ nicht auf eine Altersangabe. Stolze 13 Jahre verbrachte das nach einem Fabelwesen – halb Mensch halb Vogel – benannte Destillat in Holzfässern. Ein Teil davon in ehemaligen Bourbon-, der andere in Ex-Sauternes-Fässern. Das Besondere: Hier wurde nicht in den Weinfässern nachgereift, sondern in beiden Fässern jeweils für die volle Zeit parallel gelagert, erst dann wurden die einzelnen Fässer vermählt.

Einmal entkorkt, gibt die ikonische Flasche eine leuchtend-bronzene Flüssigkeit preis, der der typische Duft von Ardbeg folgt. Im Vergleich zu anderen Abfüllungen allerdings ein wenig gedämpft und fast wie unter einem Schleier von getrockneten Früchten, Orange und einer leichten, floralen Note. Dieser Eindruck setzt sich im Mund dann kompromisslos fort. Ganz klar ein Ardbeg, aber mit einem neuen Charakter. Leichte, angenehme Süße mischt sich mit einem trockenen, leicht salzigen Salmiak-Geschmack, der gefühlt eine Ewigkeit am Gaumen bleibt, bevor er den leichten, fruchtigen Noten Platz macht. Ein wundervoller, eindeutiger Vertreter der Destille, der hervorragend unter Beweis stellt, dass es sich oftmals lohnt, ein paar Jahre länger zu warten, bis man die Fässer entleert. Ein herrlicher Begleiter für die kommenden Herbstabende.

Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt: 46 %
UVP: ca. € 140,-
Vertrieb: LVMH

Credits

Foto: Marco Beier

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