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Drinksmith

Zachary Smith und sein Drinksmith: Frischer Wind in Alt-Sachsenhausen

Die Frischzellenkur im lange belächelten, historischen Viertel Frankfurt-Sachsenhausen geht weiter. Jüngstes Beispiel: Der Drinksmith von Zachary Smith. Mit seiner gelungenen Mischung aus Kneipe und Bar führt der gebürtige Südafrikaner Altes und Neues zusammen. Er hat dafür auch lange genug gesucht.

„Christa ist zu alt geworden nach 20 Jahren. Aber immer noch sitzt sie dreimal die Woche am Tresen und trinkt Doornkaat.“ Zachary Smith verdankt der Dame mit der Vorliebe zum Mennoniten-Korn seit einigen Monaten das Ende einer fünfjährigen Suche. Die zuletzt von Christa betriebene Barbarossa Schenke atmet den Geist und dünstet das Flair einer gestandenen Bierschwemme aus, die seit Jahrzehnten der Nachbarschaft Heimat gegeben und manchem Bartender nach Feierabend den Heimweg erschwert hat. Um all das und einiges mehr kümmert sich nun die Neighbourhood Bar Drinksmith in Frankfurt-Sachsenhausen.

Liebe und Alt-Sax

Sachsenhausen ist schon immer ein belebter Ausgehort, allerdings mit überwiegend simplifizierten, gastronomischen Angeboten. „Spätestens mit dem Abzug der amerikanischen Soldaten in den Nullerjahren wurde es dann für Frankfurter zur No-go-Area“, sagt Smith. Was bleibt, ist der Geruch nach abgestandenem Apfelwein und nach dem Odem menschlicher Hinterlassenschaften der Wochenendvernichter. Hat sich das kleine Dorf in der Stadt dann wochentags mühsam erholt, öffnet der circulus vitiosus von neuem seine Pforten und schluckt all die, die man sonst in der angesagten City nirgends haben will. Wenn hier Drinks „geworfen“ werden, meint das sicherlich nicht eine Technik der Mischologen von „Hibb de Bach“, also auf der Glitterseite des Mains, wo ganz andere Kräfte in schicken Bars walten. So das Klischee, die längst überkommene Vorstellung von „Alt-Sax“.

Schon immer ist dieser historische Stadtteil ein Amalgam aus Ur-Frankfurtern, Fachwerkhauspatrioten, lokalen Urgesteinen, Sonderlingen, Lokalproleten und eben Honks mit Hang zu Komaästhetik. Ein Ort wie viele andere, aber doch besonders. Das Besondere ist schwer sichtbar, man muss den Nerv davon freilegen, auch mal einen Widerstand überwinden oder einfach keine Lust haben auf „so war´s schon immer, so wird’s immer sein“. Vielleicht auch gar keine Lust auf überhöhte Mieten, gefordert von den seelenlosen Schlipsschwänzen, die sich dann abends in den Bars derangieren, deren Betreiber die Ideen haben, aus ihren lumpigen Gemäuern auf teurem Boden was zu machen. Auch ein Teufelskreis.

Drinksmith: Die lange Reise zur eigenen Bar

Oder man wird vor 44 Jahren in Südafrika, in der Nähe von Johannesburg, geboren, hat was in der Birne, keine Lust auf enge Welt, ist Künstler und muss raus da. Liebe hilft immer, auch wenn die in Sachsenhausen wohnt. Zachary Smith landet irgendwie in Kapstadt, studiert, kommt 2003 im Äppler-Mekka an und schlägt sich zunächst mit Grafikerjobs und als Zapfer durch. Dann folgen zwei Jahre München mit lehrreichen Jahren in einem Irish Pub – „da kommen die härtesten Zapfer her“ – und dann findet er sich irgendwann auch in London wieder. Was in München beginnt, die zarte Bande mit der höheren Bedeutung davon, Spirituosen zusammen zu schütten und sie zu schütteln oder zu rühren, wächst sich in London und auf weiteren Reisen zu einer handfesten Beziehung aus. Er liest und tauscht sich mit Bartendern aus. „Begonnen hat meine Leidenschaft für die Gastronomie ganz banal mit 16 Jahren als Pizzabäcker. Mich hat gleich die Dynamik dieser Branche fasziniert“, erinnert sich der Drinksmith-Macher.

Irgendwann zurück in Frankfurt, bekommt er noch einmal einen tiefen Einblick in das Handwerk von Radu Rosetti und dessen Bar&Grill Walon & Rosetti im Bahnhofsviertel. Inzwischen läuft bereits die Suche nach Räumlichkeiten für die eigene Bar. Smith hilft mal hier mal da aus, auch beim Aromaforscher René Soffner im The Kinly. Über den Tipp von Bekannten stößt er auf Christa und deren Schenke. Der Deal ist gemacht. Zachary Smith übernimmt den Laden, Christa wohnt darüber und wenn sie runterkommt, wird der Doornkaat zelebriert.

Drinksmith als Hüter der Hood

Smith restauriert die Bar in Eigenregie. Leitungen, Kühlung, Technik und Hölzer werden aufgearbeitet, neuer Name, der Rest bleibt wie er ist. Apfelwein fliegt raus, dafür gibt es jetzt ein alternierendes Sommer-Winterangebot sieben verschiedener Biere von Privat- und Craftbrauereien. Getragen wird das Konzept von Smiths Leidenschaft für die angelsächsische und amerikanische Barkultur. „Wir haben eine Passion für Rye Whiskey und bieten unseren Gästen eine solide Basis moderner Klassiker an. Wer will, versucht sich an Twists und Eigenkreationen“, beschreibt Smith die Grundlage seiner Arbeit im Drinksmith. Wir sind er selbst und – er hat ja auf der langen Reise etwas gelernt – Dan Corry, ein Barmann aus dem Pubbereich.

Die gelungene Mischung aus Kneipe und Bar spricht sich schnell herum. Das Drinksmith ist nach wie vor eine Heimat für Eingesessene, hat aber auch viele internationale Gäste hinzugewonnen. „Meine Vorstellung von einer guten Bar ist schlicht, aber oft nicht einfach zu realisieren. Die Mischung aus einer guten Auswahl von Spirituosen und Drinks, Musik und einem Barpersonal mit Persönlichkeit ist genauso entscheidend wie eine ausgefeilte Technik. Der Bartender muss im Raum stehen und schon was erlebt haben“, sagt er in südafrikanisch-frankfurterischem Slang. Der Tresen ist der Nukleus, Tischbestellungen kommen vor, sind aber die Ausnahme. Wer irgendwann Hunger verspürt, hat die Wahl zwischen Biltong und Boerewors, also einem Hauch von Kap-Kultur. So steht Smith jeden Abend bei Mountain Music, Country und Bluegrass als Hüter für seine Hood bereit. Smith hat keine Lieblingsbar, er schaut sich gerne Neues an und hat dabei eines gelernt: „Eine Bar muss nach meiner Meinung jeden Abend geöffnet sein, das ist ihre Verpflichtung als sozialer Ort in einem gewachsenen Umfeld.“

Der Trinkschmied

In ruhigeren Momenten sitzt der begeisterte Downhill-Mountainbiker Zachary Smith am Wochenende auf der Terrasse seiner Bar, betrachtet das Treiben auf dem angrenzenden Hof-Markt und sinniert über die Zukunft sowie Reisen nach Japan. Vielleicht auch darüber, wie es zu dem eingängigen Namen kam. „Ich wollte einen maskulinen Namen haben, wegen Whiskey und Bier. Smith bedeutet Schmied im deutschen, Trinkschmiede fand ich passend für mein Konzept.“ Jedenfalls ist er der Schmied seines Glückes und der Menschen, die er zusammenbringt.

Credits

Foto: Fotos via Stefan Lauterbach

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