SCHNEEEULE GEWINNT IM MIXOLOGY TASTE FORUM BERLINER WEISSE
Die Berliner Weiße erlebt ein Comeback. Die traditionsreiche Biersorte stand auch im Fokus des MIXOLOGY TASTE FORUM (MTF). Marlene von Ulrike Genz erreicht die höchste Punkteanzahl im Ranking um das besondere Aromen- und Geschmacksprofil.
Aus Weizen- und Gerstenmalzen obergärig gebraut, mild und leicht säuerlich im Geschmack, hell im Anschein, mit Milchsäurebakterien und Hefe vergoren, wie Schaumwein in Flaschen gereift und mit einem geringen Alkoholgehalt versehen: Die traditionsreiche Biersorte Berliner Weiße wird gerade neu belebt.
Champagner des Nordens
Während das Sauerbier im 18. und 19. Jahrhundert das meist getrunkene Bier an der Spree gewesen und von Napoleons Besatzungstruppen als „Champagner des Nordens“ bezeichnet worden ist, verlor das Obergärige vor allem zu Gunsten der neuen, untergärigen Biere im 20. Jahrhundert rasch an Beliebtheit und war sogar vom Aussterben bedroht.
Inspiriert von der wachsenden Craft Beer-Bewegung, widmen sich heute moderne Jung- und Kreativbrauer wieder vermehrt historischen Brauverfahren und Bierstilen. Sie kreieren und interpretieren auch die in Vergessenheit geratene Berliner Weiße neu, die in jüngerer Zeit vorwiegend mit einem zuckersüßen Zuschuss von Himbeer- oder Waldmeistersirup verabreicht und in Szene gesetzt worden ist.
Im Jahre 2014 räumte der Verein Slow Food Deutschland, der den Erhalt biologischer Vielfalt im Agrar- und Lebensmittelbereich zum Ziel hat, dem Sauerbier aus dem „Berliner Milieu“ in der „Arche des Geschmacks“, einer Liste für vom Aussterben bedrohte Nahrungsmittel, einen Platz ein. Zuletzt sorgten der Berliner Weiße-Gipfel und das Engagement einiger Brauer für ein Revival der Berliner Weißbiersorte, die wie die belgischen Geuze und Lambic oder die Leipziger Gose zu den Sauerbieren zählt, und immer mehr Produkte gesellen sich hinzu.
Die Ritter der Berliner Weiße Testrunde
Im Rahmen des MIXOLOGY TASTE FORUM (MTF) verkosteten Bierexperten sechs Varianten der Berliner Weiße. Als U-Boot gesellte sich noch Rittergut Gose hinzu. Die Verkostung fand im Vienna House andel’s Berlin statt. Als Verkoster zeichneten Jeroen Bosch (Bierlinie), Kai Charkiewicz (Getränkefeinkost), Christian Dierken (Hopfenreich), Herr Gekko (The Castle Pub), Konrad Friedemann (Das Stue Hotel), Daniel Mora (Mikkeller Berlin), Helen Mol (Sommelière), Amanda Felipe Reitenbach (Science of Beer) und Rainer Wallisser (Berlin Beer Shop) verantwortlich.
Die ersten drei Plätze im MTF-Ranking zu Berliner Weiße liegen punktuell sehr dicht beisammen. Die Biere wurden jeweils mit dem Prädikat „Very Good“ versehen, sind jedoch extrem verschieden. Jedes fasziniert auf seine eigene Weise. Alle aber spiegeln sie das gestiegene Niveau dieser Biergattung wider, die den Brauern hohe Anforderungen abverlangt.
Eulen statt Beulen
Als Testsieger gilt Marlene aus der Brauerei Schneeeule von Ulrike Genz, die sich komplett jenem Bierstil verschrieben und bereits einige Varianten ausprobiert hat. Mit ihrem klassischen Hauptbier und Herzstück des Sortiments Marlene beweist die Berliner Brauerin, dass eine und eben ihre Berliner Weiße sehr gut ohne Sirup auskommt. Marlene überzeugt bereits im Duft mit Intensität, Frucht und Hefenoten, ist sehr komplex mit Beeren und Feuerstein und zeigt eine gut eingebundene Säure.
Auf Platz Zwei rangiert Die Weisse aus der Gasthausbrauerei Meierei im Neuen Garten GmbH im brandenburgischen Potsdam. Da der Name des Bierstils Berliner Weiße ein geschützter Regionalbegriff ist und der Hauptstadtname mit einer Braustätte innerhalb der Berliner Stadtgrenze verbunden sein muss, handelt es sich bei Die Weisse um keine Berliner, sondern eine Potsdamer Weisse, die durch ihre milde Säure, eine erfrischende Zitrusnote und einen langen, fruchtig-trockenen Nachhall beeindruckt.
Hat BRLO das Zeug zum Berliner Weiße-Klassiker?
Eine kräftige Säure, vielfältige Fruchtnoten und ein erdig-nussiger Charakter offenbart sich in der BRLO Berliner Weiße auf Platz Drei. BRLO steht für den historisch-slawischen Namen von Berlin. Das Brauprojekt entwickelt derzeit eine spannende Produktauswahl. Ihre Berliner Weiße, deren Rezeptur von Braumeister Michael Lembke weiterentwickelt worden ist, könnte zu einem Klassiker werden.
Die kompletten Ergebnisse und eine detailreiche Analyse des MTF zu Berliner Weiße als auch zur Gattung Kölsch finden Sie in der aktuellen Ausgabe 04/2017 von MIXOLOGY, dem Magazin für Barkultur. Das MTF verkostet und bewertet für jede Ausgabe von MIXOLOGY nach klaren Kriterien einzelne Kategorien an Spirituosen, Bieren oder anderen barrelevanten Getränken. Informationen zu einem Abonnement gibt es hier.
[Drink id=”81776,81780,81783″]
Dieser Artikel erschien ursprünglich in der MIXOLOGY 4/2017. Hier gibt es mehr Informationen.
Credits
Foto: Foto via Tim Klöcker.