Die Zeitlosigkeit der Embury Bar
Wer als Namenspate für die Embury Bar in Frankfurt fungierte, sollte klar sein. So kristallklar wie das Eis, das Dominik Falger dort serviert. In einer Stadt der Gegensätze schafft der erfahrene Barmann einen Rahmen zum „Trinken für Erwachsene“. Wir haben ihn besucht, um uns davon zu überzeugen.
Bürogebäude, Banken, Kaufhäuser, Modeboutiquen, Uhrenläden, Kettenrestaurants – kurzum, Mainstream. Frankfurts Innenstadt erscheint auf den ersten Blick nicht gerade als Vorbild romantischer, kulturell anspruchsvoller Stadtidylle und ist immer wieder Grund einer reservierten Haltung von Kurzzeit-Frankfurtern gegenüber dieser facettenreichen Finanzmetropole. Und doch – oder gerade deshalb – verwirklichen immer mehr gebürtige oder Wahlfrankfurter ihren Traum einer eigenen Bar in oder um diese Bestlage.
Dominik Falger und seine Embury Bar
So auch der gebürtige Allgäuer Dominik Falger, der eine kleine, ehemalige Modeboutique inmitten des Frankfurter Innenstadttrubels zwischen Kaiser- und Gallusstraße zu einem Refugium gehobenen Trinkens auserkoren und umgebaut hat. Schon beim Betreten der mit 50 Sitzplätzen ausgestatteten Bar wird klar, dass es sich hier um einen Rückzugsort inmitten der Großstadthektik handelt, der von einer qualitätsbewussten Klientel gefunden werden will. Dunkles, warmes Holz und Leder sowie Kerzenschein und indirekte Lichtquellen vermitteln sofort ein Gefühl der Geborgenheit inmitten eines zeitlosen Designs mit dem Blick aufs Wesentliche. Der Gast und sein individuelles Bedürfnis, und nicht wie so oft unnötig ablenkende Stilelemente, stehen ausnahmslos im Mittelpunkt der Embury Bar. Einzige Ausnahme ist eine über 1.200 Flaschen umfassende Spirituosenauswahl, insbesondere Whisky aus eigener Sammlung, die spätestens beim zweiten Umherblicken auffällt und fast erschlagend im Rückbuffet der Bar aufragt.
„Alles was gelagert ist, macht mir Spaß – mal mehr, mal weniger, und das sieht man natürlich auch“, so Dominik Falger. Dass es sich bei ihm um einen Spirituosenfanat handelt ist schnell klar, doch ist er vor allem eins: konsequenter, anspruchsvoller Gastgeber bis ins Detail.
Embury Bar und die Konsequenz der Aufmerksamkeit
„Ich bin immer wieder überrascht, was für ein hohes Level im Barbereich das Frankfurter Publikum voraussetzt, fordert, abruft und vor allem auch wirklich möchte. Das ist geil und ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland. Hier darfst du als Barmann eben machen, was du willst“, schwärmt Dominik Falger und verweist auf Mentoren wie Markus Blattner, Mauro Mahjoub und Emanuele Ingusci, die mit anderen Barchoryphäen sein Verständnis von Bar, Qualität und Gastgebertum in seiner über 15 jährigen Laufbahn maßgeblich geprägt haben.
Auch seine Erfahrungen in der Skyview Bar des bereits legendären Burj al Arab in Dubai waren sicher wichtig, nicht zuletzt die dortige Arbeit mit kristallklarem Eis. In Deutschland noch in den Kinderschuhen, gehörte es international bereits 2007 zum Standard, in gehobenen Bars und Restaurants Getränke und Speisen auf kristallklarem Eis zu servieren und zu präsentieren.
Schon damals war für Dominik Falger klar, dass er in seiner künftigen Bar nur klares Eis bzw. Eisformen verwenden würde. Und so findet man in der Embury Bar kein Getränk, dass nicht mit jener Art von Eis zubereitet oder – falls erforderlich – präsentiert wird. Fast schon beiläufig erwähnt Falger, dass er für diesen Wunsch über zwei Jahre zusammen mit einem namhaften Spirituosenkonzern einen eigenen Blockmaker für Top-Kunden entwickelt hat, der für die Embury Bar adaptiert und vergrößert wurde. Innerhalb von drei Tagen bereitet dieser einen 120kg schweren, klaren Block zu, der jeden Freitag, am „Eistag“, in passende Stücke per Hand zerteilt wird.
Der Soul der Embury Bar
Das Streben nach Perfektion endet natürlich nicht beim Eis oder den verwendeten Spirituosen. Abgerundet wird die Atmosphäre der Embury Bar durch eine Tresenoberfläche aus massivem Mahagoni und Buchenholz, hochwertige Coaster und Glasware ohne unnötige Schnörkel, Stoffhandtücher in den geschmackvoll eingerichteten Toiletten, dezenten Blues, Jazz und Soul, die gute Gespräche fördern und zulassen, aber auch nicht gänzlich in den Hintergrund driften, naturbelassenes Dörrobst oder Rauchsalzmandeln als Begleiter zum Drink.
Das gesamte Setting wirkt von vorne bis hinten durchdacht und dient letztlich „nur“ dazu, den Gast in allen Bereichen einen angenehmen, hochwertigen Abend zu bereiten. Dass sich die fünfköpfige Crew um Falger beim Bespielen des Raumes am Servicestandard der Leading Hotels of the World orientiert, erscheint so fast schon selbstverständlich und komplettiert das gesamte Bild, das sich unter dem Motto „understatement in style“ zusammenfassen lässt, oder wie es die Karte direkt zu Beginn empfiehlt: „It’s all about having a pleasant time, Ladies and Gentlemen“.
8:2:1 Ratio mit Liebe
Dass es sich bei der Embury Bar auch um eine klassische, eher konservativ orientierte Hotelbar eines Luxushotels handeln könnte, ist ein nachvollziehbarer Gedanke, der zum Lebenslauf von Dominik Falger und dem Setup der Bar passen würde. Doch nicht nur die charmant-herzliche, niemals steife Kommunikationskultur des Personals, sondern auch ein Blick in die Karte verraten schnell, dass Techniken und Umgangsformen moderner Barkultur zum sicheren Repertoire der Embury-Crew gehören; nur eben dezent, fast unmerklich im Hintergrund.
Die Drinks sprechen für sich selbst, nicht der Weg dahin oder ihr äußeres Erscheinungsbild. Neben „Classics & Forgotten Drinks“ wie den „Deshler“, „The Supreme“ oder den „Artist’s Special“ sowie einer Adaption des Martini Cocktails mit Emburys vor allem bei Sours präferierter Ratio von 8:2:1 (Gin, roter (!) Wermut, Angostura Bitters), findet man nach Basisspirituose unterteilte Drinks wie zum Beispiel den „Embury Swizzle“ mit einem hauseigenen Cuban Rum Blend, Earl Grey Shrub, Limette, Homemade Falernum und Bitters für faire 11 Euro.
Auch im Sous Vide-Verfahren hergestellte Sirups wie u.a. ein Chili-Honey Sirup im „Hellboy“ mit Islay Scotch und Haselnusslikör (€ 14) zeigen, dass hier Cocktails gerne mit der Raffinesse moderner Zutaten dem heutigen Geschmack und Anspruch angemessen zubereitet werden. Als Muntermacher dient auch gerne ein Cold Brew Coffee mit Orangenzeste, natürlich auf kristallklarem Eisziegel.
In der Embury Bar wird geraucht
Obwohl Rauchen in der Embury Bar erlaubt ist, verzichtet Dominik Falger bewusst auf eine Zigarrenauswahl, da der Rauch einer Zigarre meist nur dem Rauchenden, nicht jedoch dem Nachbarn schmeckt. Dementsprechend konsequent wird auch auf Barfood verzichtet, auch, da die räumlichen Gegebenheiten Essen nach den gewünschten Qualitätsstandards einfach nicht zulassen.
Das Besondere inmitten des alltäglichen Einheitsbreis der umliegenden Frankfurter Business- und Einkaufsmeilen zu schaffen war und ist ein Credo der Embury Bar. Dabei versteht Dominik Falger sich nicht als Konkurrenz zu den bestehenden Frankfurter Barinstitutionen wie u.a. Roomers, The Kinly oder The Parlour. Er sieht sich mit seinem eigenen Stil als passendes Additiv zu diesen Konzepten und wird als solches auch von Gästen und Kollegen wahrgenommen und geschätzt. Auch David Embury wäre sicher kein Kurzzeitgast in Frankfurts Innenstadt geblieben.
Credits
Foto: aller Bilder © Embury Bar