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Exotenwässerchen: diese zehn Produkte beleben die Vodka-Kategorie

Weizen, Roggen und auch die Kartoffel. Das sind noch immer die Superstars beim Vodka. Tatsächlich aber bietet die vermeintlich neutrale Kategorie einen bunten Strauß an Ausgangsprodukten – und das sogar, ohne bemüht skurril zu werden. Tatsächlich ist ein Blick auf „exotische“ Vodka-Grundlagen sogar eine Reise in die vergangene Vielfalt der Agrarkultur, die derzeit wieder aufblüht.

1. Apfel
Beginnen wir mit einer fruchtigen Seltenheit. Denn aus Äpfeln macht man doch wohl Obstler. Oder Calvados. Vielleicht auch einfach Saft. Oder, brrrr, womöglich sogar Sauren Apfel. Doch das muss nicht sein, denn aus dem Kernobst lässt sich ebenfalls hervorragend Vodka destillieren. Einen gut erhältlichen Vertreter bietet etwa die Destillerie Kammer-Kirsch mit dem Squamata an. Vielleicht ja für einen Appletini ohne Kopfweh am Folgetag?

2. Süßkartoffel
Jawoll, die Trendknolle, ohne die keine urbane Burger-Bude mehr denkbar wäre, kann auch als Basis für charakterstarken Vodka herhalten. Eigentlich kein Wunder, enthält sie doch im Durchschnitt sogar mehr Zucker als ihre klassische »Schwester« – mit der sie übrigens aus botanischer Sicht nur entfernt verwandt ist. Zu haben ist ein Süßkartoffel-Vodka bei der Destillerie (und Kartoffelmanufaktur) Steng aus Lauffen am Neckar.

3. Nackthafer
Gut, haben alle gekichert ob des Namens? Tatsächlich nämlich ist das überhaupt nicht lächerlich, was sich der österreichische Ausnahmebrenner und Bio-Pionier Josef Farthofer 2015 zusammen mit dem Berliner Rapper Sido unter dem Namen Kabumm ausgedacht hat. Der teure Brand aus Nackthafer ist ohne Frage eine der wichtigsten Vodka-Innovationen der letzten Zeit – darüber hinaus mit einer unglaublich hübschen »bodenlosen« Flasche.

4. Quinoa
Für das Freimeisterkollektiv (FMK) testet der renommierte Brenner Georg Hiebl in Niederösterreich schon seit einiger Zeit die Grenzen etablierter Kategorien aus. So auch hier: Sein Vodka aus dem angesagten Fuchsschwanzgewächs ist schmelzig-elegant, glänzt aber mit komplexen Aromen von Beeren, Blüten, Nuss und Zitrus. Leider nicht mehr erhältlich ist übrigens sein sagenhafter, ebenfalls fürs FMK gebrannter Amaranth-Vodka.

5. Traube
Nein, es muss nicht unbedingt Wein aus der Traube gemacht werden. Auch kein Cognac. Kein Armagnac. Kein Brandy. Kein Grappa. Schon gar kein Traubensaft. Seit Cîroc Vodka auf der Welt ist, kann man sich die Weinbeere auch in ihrer wohl dezentesten hochprozentigen Form einverleiben. Vielleicht ja dann aufgegossen mit Traubensaft. Nur so als Idee.

6. Linse
In gewissen Kreisen meint man mit dem Begriff »Hülsenfrucht« wohl noch immer eher Dosenbier zweifelhafter Provenienz, tatsächlich gibt es aber seit Neuestem auch einen Brand aus Linsen, genauer gesagt aus der Sorte »Späth’sche Alb«. Der experimentelle Brand aus den kleinen, elliptischen Samen kommt abermals von der nimmermüd-kreativen Berliner Schnapsschmiede Freimeisterkollektiv, diesmal jedoch aus der Destille mühle4 von Peter Day und ist technisch gesehen kein Vodka, sondern ein Brand – er reminisziert aber die traditionelle Vodkaherstellung in einer kleinen Brennblase.

7. Emmer
Und noch einmal Josef Farthofer: Neben dem erwähnten Nackthafer hat sich der progressive Destillateur aus dem Mühlviertel mit einem der echten »Ur-Getreide« auseinandergesetzt. Für die Marke Mozarter fertigt er in seiner Bio-Brennerei einen reinen Vodka aus dem auch »Zweikorn« genannten Rohstoff.

8. Dinkel
Das ehemalige Randgruppengetreide aus der Öko-Kommune ist inzwischen neben Weizen und Roggen fast zu einem Standard in den Bäckereien geworden. Noch immer recht selten begegnet man dem Verwandten von Weichweizen und Emmer hingegen in Destillaten. Ein schönes Beispiel für einen Dinkel-Vodka ist etwa der cremig-malzige Pax von der bekannten münsterländischen Brennerei Dwersteg.

9. Birne
Siehe oben: Wer Apfel sagt, muss auch … und so halt. Immerhin schließt die EU-Verordnung für Vodka keinerlei Obst und Gemüse als Grundlage aus, und aus der Williamsbirne darf neben dem bekannten Obstbrand natürlich auch Vodka hergestellt werden. Der schweizerische The Wild Alps Schnapz ist ein crisper, süffig-aromatischer Vertreter genau dieser Gattung.

10. Buchweizen
Nachdem wir bislang fast ausschließlich auf kleinere Brennereien geschaut haben, darf am Schluss noch ein echtes Dickschiff mitsegeln im Spiel der »exotischen« Vodkas. Die russische Riesenfirma Stolichnaya produziert nämlich nicht nur den weltweit meistverkauften Vodka, sondern bietet seit einigen Jahren auch eine ausgewiesen glutenfreie Variante an. Unseren Recherchen nach tatsächlich der wohl einzige Vodka, der auf dem Pseudogetreide Buchweizen basiert. Schon probiert?

Dieser Text ist in der Ausgabe 4-2021 von MIXOLOGY, dem Magazin für Barkultur, erschienen. Details zur jeweils aktuellen Ausgabe gibt es hier, Information über ein Abonnement hier.

Credits

Foto: Editienne

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