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Die neue Mälzerei der Brennerei Farthofer verändert die deutschsprachige Whiskylandschaft radikal

Gamechanger: Die neue Mälzerei der Brennerei Farthofer verändert die deutschsprachige Whiskylandschaft radikal

Bäcker, Brauer, Brenner – alle sind auf Getreidemalz angewiesen. Allerdings gibt es nur eine Handvoll Anbieter. Kleinmengen sind nicht vorgesehen, Spezialmalze schwer zu finden. Diese Situation ändert ein Neubau in Österreich nun radikal.

Bei der Abfahrt des LKW-Zugs wird es plötzlich emotional: „Das war die erste Großbestellung, die unsere Brennerei verlassen hat“, winken Doris und Josef Farthofer dem Sattelschlepper nach. Es ist ein Zufall, dass der Kornbrand gerade den Hof in Biberbach verlässt, als MIXOLOGY im Mostviertel eintrifft. Und doch ist es ein stimmiges Bild: Nach vielen Wirrungen läuft die neue Brennerei, in die gewaltige zehn Millionen Euro investiert wurde, nun endlich. Sie ist wahrlich ein Meilenstein geworden. Nicht nur für die gerade 20 Jahre alte niederösterreichische Destillerie, sondern für das Brennerei-Handwerk im gesamten deutschen Sprachraum.

Lohn-Mälzen für den kleinsten Bedarf

Seit wenigen Wochen ist die Ende August fertiggestellte Malz-Anlage in Betrieb, für die es kaum Vergleichbares außerhalb Schottlands gibt. „Wir können die kleinen Bestellungen als Lohnröster abwickeln“, schildert es Farthofer, der sich damit quantitativ zwischen die Austro-Platzhirschen Plohberger und Stamag platziert. Die Hardware dafür bilden drei Trommelröster, die mit jeweils zehn Tonnen gekeimtem Getreide befüllt werden. Eine grotesk große „Fahrradkette“ ermöglicht die Bewegung der Trommeln – „sie allein wiegt eine Tonne“, so Farthofer.

Ähnliche Anlagen stehen derzeit in den USA oder Japan, auch sie hat der fränkische Brauerei-Ausrüster Kaspar Schulz geliefert. Bei diesem Namen leuchten die Augen von Bier-Experten weltweit. Und das Brau-Wissen der Bamberger wird auch die Destillate des Bio-Brenners künftig verändern. Doch dazu später mehr. Denn die Mostviertler Rösterei weist mehr als nur eine Sonderkonfiguration auf.

Doris und Josef Farthofer in ihrer neuen Brennerei: Ähnliche Anlagen stehen derzeit nur in den USA oder Japan
Doris und Josef Farthofer in ihrer neuen Brennerei: Ähnliche Anlagen stehen derzeit nur in den USA oder Japan
„Wir können kleine Bestellungen als Lohnröster abwickeln“, wirft Josef Farthofer einen Blick in die Zukunft
„Wir können kleine Bestellungen als Lohnröster abwickeln“, wirft Josef Farthofer einen Blick in die Zukunft

Nachhaltigkeit, aber keine Jubiläumsparty

Da wäre etwa die Glykol-Kühlung, die ebenso wie die Rückführung des Weichwassers Energie sparen hilft. Adaptiert hat den Maschinenpark der Brenner selbst. Denn an sich wäre die Mälzung ein dreistufiges Verfahren. Am „steeping vessel“ führt kein Weg vorbei. Hier wird die Gerste mit Feuchtigkeit angereichert; von 12% Wassergehalt im Korn steigt dieser Wert binnen zwei Tagen auf 43%. Danach simuliert man die Keimruhe in der kühlen Erde – nur lässt man die Erde weg. In Biberbach erfolgt dieser Schritt bereits in den tonnenschweren Trommeln, in denen später auch gedarrt wird, also Hitze zugeführt wird. Dieses Zwei-in-Eins-Verfahren wurde mit einer Abluft-Anlage versehen, womit man in Summe 30 Prozent an Energiekosten spart.

An sich stünde in diesem Jahr auch das Jubiläum „20 Jahre Farthofer“ an, doch zum Feiern bleibt schlicht keine Zeit. 2003 startete die Brennerei. Als klare Entscheidung von Doris und Josef Farthofer begann man bereits mit bio-zertifizierter Produktionsweise. „Diese lange Erfahrung kommt uns jetzt zugute“, ist man überzeugt. Zumal man auch keine Kompromisse eingeht. Lange hat es beispielsweise gedauert, die Genehmigung für den Anbau von Miscanthus (alias „Chinaschilf“) zu erhalten. Heute umgeben die mehr als mannshohen Pflanzen den Neubau, als wäre er ein Weiher. Gepflanzt wurde das Schilf ausschließlich auf Eigengrund. Gemeinsam mit Hackschnitzeln aus den Wäldern der Familie – die sich am Horizont abzeichnen – beheizen diese Pflanzen die Brennerei. „Es ist die einzige Mälzerei, die ausschließlich mit Biomasse betrieben wird“, schwingt gehöriger Stolz beim Rundgang durch das Heizhaus durch. 187 Kilowatt an Photovoltaik unterstreichen den Ressourcen-schonenden Anspruch zusätzlich.

Genuss-Spezialisierung an zwei Standorten

Wer mit den technischen Details weniger anfängt, wird anhand der übrigen Zahlen des Neubaus in Biberbach die Dimensionen erkennen. 12 Mitarbeiter beschäftigt die Brennerei, die damit auf zwei Standorte – die „Mostelleria“ als Aushängeschild für die Obstweine des „Mostbarons“ und die Fruchtdestillate und den Neubau – ausgedehnt wurde. „Ursprünglich wären auch die Brennerei und Mälzerei in Öhling geplant gewesen“, blickt man bei einem Glas Emmer-Whisky zurück. „Hätten wir das gemacht, wäre das schon nach einem Jahr zu eng geworden“. Denn dort hätte lediglich eine Trommel-Mälzerei Platz gefunden. Falls es im Wohngebiet überhaupt die Genehmigung dafür gegeben hätte.

Auf den Wiesen hinter dem alten Bauernhaus der Familie hingegen ist genug Platz. So sind noch nicht alle Ecken der 4.800 m² großen Destillerie bezogen. Die 18 Meter-Silos für das Getreide, mit dem der Schöpfer des „weltbesten Vodkas“ arbeitet, stehen noch nicht. Auch die letzten Tanks für das zwei Mal 30.000 Liter fassende Alkohollager werden erst geliefert.

20 Jahre Farthofer: 2003 ist Josef Farthofer mit seiner Brennerei gestartet
20 Jahre Farthofer: 2003 ist Josef Farthofer mit seiner Brennerei gestartet
Vom Feld in die Flasche: Die neue Mälzerei wird ausschließlich mit Biomasse betrieben
Vom Feld in die Flasche: Die neue Mälzerei wird ausschließlich mit Biomasse betrieben

Nun auch „Prima-Sprit“ in Bio-Qualität

Produziert wird aber so intensiv wie noch nie. 1.700 Tonnen Getreide können in den drei Trommeln gemälzt werden. „Für Rauchmalz würde sich eine kleine Anlage in Öhling besser eignen“, denkt der Bauherr die Kundenwünsche schon einmal weiter. Die Wärme in der Halle nebenan signalisiert aber auch, dass die Destillation läuft. Computer-gestützt werden die Parameter der Brennblasen von Josef Farthofer jederzeit auch am Handy überwacht. Denn neben der „kleinen“ Gin-Anlage und einer Whisky-Potstill im schottischen Stil steht auch eine Kolonnenbrennerei in schimmernden Kupfer bereit. Sie dient nicht nur Farthofers eigenen Ideen. Mit einem Output von 96,5% vol. lässt sich hier der berühmte „Reinalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs“ gemäß der EU-Spirituosen-Verordnung erzeugen. Stimmen die MIXOLOGY-Informationen, dann ist es eine von lediglich drei Anlagen dafür in Österreich.

Dass damit plötzlich ein Dienstleister für die Craft-Szene – mit Mälzerei und Primasprit in Bio-Qualität – die Bühne betreten hat, sprach sich schnell herum. Brauereien und Kollegen aus der Austrian Whisky Association (AWA) haben schon angeklopft. Doch das Investment wird auch die eigenen Getreidebrände massiv verändern. „Unser Whisky schmeckt mit diesen Parametern sicher klassischer als jetzt, da z. B. die Möglichkeit zum Abläutern und die Entalkoholisierungsanlage neu sind“, erwartet man hier aromatischen Gewinn für seine Kunden.

Sprachs und zeigt bereits die nächste Innovation her: Nun geht es um die Hefe. „Sieben „new makes“ und alle schmecken unterschiedlich“, schenkt er die Muster direkt aus der Destille ein. Der Meilenstein ist für die Farthofers offenbar doch nur ein Etappenziel.

Credits

Foto: Roland Graf

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