Das Mixology Taste Forum kürt den besten Mezcal Espadín
Mezcal ist etwas für geübte Trinker:innen, die Zahl dieser steigt dafür stetig. Für Einsteiger:innen sind Drinks ein guter Startpunkt der Annäherung. Bestellungen von einem Mezcal Negroni oder einer Mezcal Margarita sind heute keine Seltenheit mehr. In Bars mit einer größeren Spirituosenauswahl und Cocktailkarte werden solche Drinks von Gästen vorausgesetzt, vielerorts gehen sogar mehr Mezcal- als Tequila-Drinks über den Tresen.
Was ist Mezcal Espadín?
Die meisten Mezcals auf dem Markt basieren auf der Espadín-Agaven, ein sehr naher Verwandter der für Tequila verwendeten Blauen Weber. Beide Arten reifen verhältnismäßig kurz (grob sieben bis zehn Jahre), lassen sich leicht auf verschiedenen Böden kultivieren und erzeugen Setzlinge, auch Klone genannt. Beide produzieren große Mengen Zucker, die zu besonders großen Erträgen führen. Doch während Tequila mittlerweile als hochindustrielle Spirituose gilt, scheint Mezcal authentisch und ursprünglich. Dabei ist diese scharfe Trennung nicht ganz korrekt, denn letztlich ist Tequila eine Mezcal-Unterart. Und auch Mezcal im Allgemeinen verändert sich bereits, um der gesteigerten Nachfrage hinterherzukommen.
Geerntet werden ausschließlich reife Agaven, die bereits einen Blütenstamm, den Quiote, ausbilden. Im Regelfall wird unabhängig von der Agavenart alles zusammen verarbeitet, was gerade reif ist. Die Agaven werden in Erdlöchern geröstet und in einer Tahona oder mit einem Schlagstock zerkleinert. Darauf folgt eine lange Fermentation mit wilden Hefen in Gefäßen aus Leder, Lehm, Holz oder Stein. Traditionell wird Mezcal meist in kleinen Lehm-, Kupfer- oder sogar hölzernen Filipino Stills gebrannt. Er wird ohne Wasserzugabe aus dem Herzen des Destillats und Teilen des Nachlaufs verschnitten, was zu einer öligen, aromatisch intensiven Spirituose führt. Authentisch hergestellter Mezcal hat deswegen meist einen Alkoholgehalt zwischen 45 und 55% Vol. Auch heute wird Mezcal teilweise so hergestellt.
Schwenk zur modernen Mezcalproduktion. Aufgrund des in den USA und Europa dominanten Trends zu sortenreinen Abfüllungen wird Mezcal häufig aus einzelnen Arten wie Espadín, Madrecuixe oder Tobala angeboten, statt in traditionellen Ensambles, also Cuvées. Manche Arten brauchen bis zu 30 Jahre, um zu reifen, und können sich erst mit der Blüte fortpflanzen. Wird die Pflanze vorher zu Mezcal, kommt es aber nicht zur Fortpflanzung.
Geerntet wird tendenziell immer früher und früher. Das bedeutet, dass aufgrund des niedrigen Zuckergehalts der unreifen Agaven noch mehr Pflanzen abgeholzt werden müssen. Gerade die Seltenheit mancher Agaven macht sie als Mezcal begehrt. Man muss kein Botaniker sein, um darin einen problematischen Trend zu erkennen. Dazu sind Zuckergehalt und Pflanzenmasse einer Karwinskii oder Tobala ohnehin schon geringer als die einer Espadín, also benötigt man wesentlich mehr Pflanzen pro Liter Mezcal. Wer auf Nachhaltigkeit Wert legt, dem sei also Espadín ans Herz gelegt. Bisher ist es die einzige Mezcal-Agave, die sich flächendeckend kultivieren lässt.
Überräucherter Mezcal ist kein authentischer Mezcal
Mit der Auswahl und Ernte der Agaven hören die Probleme moderner Herstellung nicht auf. Vermehrt gibt es heute kritische Stimmen zum Einsatz von Autoklaven, Diffusoren, industriellen Häckslern, Zusatz von Chemikalien und Kolonnendestillation bei Tequila. Viele dürfte überraschen, dass all das auch bei Mezcal zugelassen ist. Die Rauchigkeit kommt in so hergestellten Produkten nicht durch traditionelle Herstellung, sondern durch bewusste Überräucherung der Agavenherzen.
Denn der Markt verlangt viel Rauch, und das ist problematisch. Wenn Europäer und Nordamerikaner glauben, dass starker Rauch Mezcals definierende Eigenschaft ist, bekommen sie auch ein auf ihre Märkte zugeschnittenes, überräuchertes Produkt. Das hat nicht unbedingt etwas mit authentischem Mezcal zu tun, bei dem es um Terroir und Balance geht. Denn es gibt auch traditionell hergestellten Mezcal, der keinen oder wenig Rauch hat.
Es verwundert nicht, dass sich gerade unter Bartendern viele Mezcal-Liebhaber finden. Es gibt aber auch kritische Stimmen. So hört man oft das Argument, dass gerade Obstbrenner das als alles als fehlerhaftes Produkt sehen würden. Manch eine Note ließe sich als Brennfehler identifizieren, die aromatische Komposition ist nicht für jeden Gaumen sofort zugänglich oder genießbar. Und doch lebt Mezcal eben von seinen Wurzeln, er ist untrennbar mit dem traditionellen Handwerk seiner Macher verbunden. Die Authentizität, sein Funk, ist ein wichtiger Teil der Verkaufsargumente.
Wir haben elf Mezcal Espadín in einer Blindverkostet bewertet, und hier sind die drei Erstplatzierten:
Weitere verkostete Produkte waren Alipus Santa Ana del Rio (92 Punkte), Nuestra Soledad Zoquitlan (91), Real Minero Espadín (90), Marca Negra Espadín (90), Montelobos Espadín (89), Del Maguey Vida (89), Perro de San Juan Espadín (89), San Cosme Espadín (83). Das verdeutlicht, dass die Abstände gering waren und die Verkoster:innen den Produkten viel abgewinnen konnten.
Die Verkoster:innen waren Guilherme Gonzatti, Florian Drucks-Jacobsen (Fabelei), Kai Wolschke (Goldfisch), Helen Mol, Arun Naagenthira Puvanendran (Kink), Walter Bruch (Green Door, Maria Gorbatschova (Green Door) und Stefan Adrian (Mixology).
Die Regularien zum MIXOLOGY Taste Forum findet sich hier. Informationen zu Bestellungen eines Einzelheftes findet sich hier.
Dieser Text erschien in ausführlicherer Form in der MIXOLOGY 1-2022 und wurde für diese Wiederveröffentlichung gekürzt und angepasst.
Credits
Foto: Editienne