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Craft Beer-Festival in Wien

Gibt’s im Himmel denn kein Bier? Der Wettergott verkürzte Wiens erstes Craft Beer-Festival um einen Tag. Wobei das manche fast als Allegorie für die Widerstände sahen, die den Kreativbrauern das Leben schwer machen. Zu kosten gab’s aber genug Neuheiten, Stars waren dabei die Fasslager-Biere.
Der erste Tag wurde somit zu einer Art Warm-up, das sich nur im überdachten Teil des Geländes am Donaukanal abspielte. Für Max Karner und Christoph Bichler wurde die Wetterkapriole zum Glücksfall, da praktisch jeder Besucher die beiden Biere der erst dieses kommerziell gestarteten Tiroler kostete.
Geschmacksgrenzen ausloten
Das Mischen von Aperol und Bier, mit dem Bichlers Vater unter dem Label „Bierol“ begonnen hatte, gab dem Unternehmen einst den Namen, doch das Duo aus Schwoich bei Kufstein setzt heute nur auf Bier und dessen internationale Stile. Ganz klassisch mit Banane und Cornflakes in der Nase wie am Gaumen etwa zeigte sich das Weizenbier („Funky Wheat“), das meiste Lob heimste aber das „Mountain Pale Ale“ ein. Fünf Hopfen, darunter Cascade und der Mandarina Bavaria, ergeben einen tropischen Fruchtcocktail am Gaumen, ehe die Bittere des immerhin dreifach Hopfen-gestopften Bieres.
Die „Bieroler“ Kopfbedeckungen (Beanie und Baseball-Cap) waren jedenfalls ziemlich Zielgruppen-adäquat. Nicht Schluckspechte oder die stadtbekannten „Earls of Sandwich“ züchteten sich hier einen Rausch bei freiem Eintritt an. Sondern ein weitgehend junges Publikum genoss den Überblick über die Brauszene. Man lotete seine Geschmacksgrenzen, etwa bei der Hopfung, aus, murrte dann aber auch nicht, wenn ein Probeschluck auch einmal drei Jetons (oder drei Euro je Zentiliter) kostete.
Bier-Wunderland Italien
Ebenfalls großer Andrang herrschte bei Clemens Kainradl, der das ikonische „Sierra Nevada“-Pale Ale direkt vom Fass zapfte, so lange der Vorrat reichte. Der „Bierfracht“-Gründer aus dem Burgenland hatte aber neben seinem US-Import auch einige italienische Handwerksbiere im Gepäck. Vom japanisch-martialisch verpackten „Zona Cesarini“ der Toccalmatto-Brauerei bis zum „A.F.O.“-Pale Ale von Del Ducato. Überhaupt war dank Bierfracht und der von Peter Roggenhofer repräsentierten Birrificio Baladin das italienische Bierwunder unter den 150 ausgeschenkten Proben bestens vertreten. Der 14 prozentige Barley Wine „Xyauyu“ von Baladin-Gründer Teo Musso stellte dabei einen ziemlichen Höhepunkt an Intensität dar.
Salz und Pfeffer-Biere
Doch zwischen den internationalen Craft-Beer-Treibern wie Mikkeller, Brewdog (beide von Ammersin vertrieben) oder eben Baladin zeigte auch die österreichische Szene viel Kreativität auf. Mit Spannung wurde etwa das „Aleysium Nr. 6“ erwartet. Es ist die erste Produktion von Österreichs Gypsy Brewer Günther Thömmes. Der wandernde „Bierzauberer“ hat dafür Langpfeffer und Vanille zu einem Imperial Pale Ale zugesetzt, das nun wie ein spritziger geeister Kaffee schmeckt. Erst im Finale kommt die Pfeffernote durch, die das „belgisch angehauchte“ Bier prägt. Wenn man so will, ergänzt das Pfefferbier die salzige Gose – Österreichs einzige, das Aleysium Nr. 5 – aus seinen ortsfesten Tagen.
Festivaltrend Fasslagerung
Das vom Salzburger Bierkulturhaus-Gründer Axel Kiesbye vorgestellte im Tequila-Fass gereifte „Waldbier“, das bereits mit Lärche aromatisiert worden war, polarisierte durchaus mit seiner Aromatik. Die Fassreifung an sich stellte aber den Trend am Wiener Bierfest schlechthin dar. Neben den limitierten in Spirituosenfässern gereiften Suden aus dem Zillertal und Hirters „Beerique“ hatte auch die Golser Brauerei ihren „Barriquator“ mitgebracht. Das Bräu aus dem Whiskyfass erinnerte mit seinen satten 8,9% Vol. Alkohol an Irish Coffee, Honig und Banane. Hier steht man erst am Anfang, die ersten Fässer aus dem neuen Reifekeller der Stiegl-Brauwelt etwa werden erst erwartet, Barrel aging ist aber definitiv ein Thema für fortgeschrittene Bierfreunde. Und wird auch bei der zweiten Auflage des Craft Beer-Festes noch eines sein.

Credits

Foto: Wien via Shutterstock

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