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Zwischen Erfahrung und Intuition: Laura Marie Krägeloh im Interview

Laura Marie Krägeloh kann mit 29 Jahren bereits auf beachtliche Stationen hinter der Bar zurückschauen. Im Interview erzählt sie, warum die Balance zwischen Handwerk, Intuition und Souveränität so wichtig ist.

MIXOLOGY: Liebe Laura, warum balancierst du nicht Schuld und Unschuld oder Recht und Gerechtigkeit, sondern die Variationen von feiner Sensorik mit den Befindlichkeiten meist fremder Menschen vor einem Tresen miteinander aus?

Laura Krägeloh: Weil es herausfordernd, lebendig und schön zugleich ist. Einem Außenstehenden ist die Faszination des Berufs – wenn man ihn mit Leidenschaft betreibt – schwer vermittelbar. Ich habe schon mit 16 in einer Straußenwirtschaft gearbeitet und hatte Spaß dabei, besonders im Service. Mit 19 bin ich dann nach Basel, um Jura zu studieren. Über Studentenpartys kam ich mit der Barwelt in Kontakt und es kam zu einer entscheidenden Begegnung für mein weiteres berufliches Leben: Ich lernte Chloé Merz kennen, deren Arbeit mich sofort in ihren Bann gezogen hat. Der nächste große Schritt war dann das Engagement in der Campari Bar in Basel bei Günther Strobl, der zu dieser Zeit zum Mentor wurde, und mein Berufsziel Bartenderin hat sich verfestigt. Ich habe das Studium aufgegeben und pendelte zwischen der Schweizer Bergwelt im Winter und Basel.

MIXOLOGY: Die Sache nahm Fahrt auf?

Laura Krägeloh: Genau. Ich war dann auch bald bereit für neue Horizonte. Aus einer spontanen Idee heraus habe ich Philipp Fröhlich über Instagram kontaktiert und er hat mich eingeladen, in München im Trisoux bei ihm zu arbeiten. Dazu kam noch die Ménage Bar und damit war das München-Paket geschnürt.

»Mir war es bei aller Leidenschaft für perfekte Drinks immer wichtig, sowohl vor als auch hinter der Bar zu arbeiten. Souveränität und Freundlichkeit sind ein Muskel, den man im Service besonders gut trainieren kann.«

— Laura Krägeloh

Der Lemon Tree entstand in einer Kooperation von Laura Krägeloh und Organics by Red Bull
Der Lemon Tree entstand in einer Kooperation zwischen Laura Krägeloh und Organics by Red Bull

Dry Martini Cocktail

Zutaten

6 cl Dry Gin
2-3 cl trockener Wermut
1 Dash Orange Bitters

MIXOLOGY: Wie bist du den Orts- und Mentalitätswechsel angegangen?

Laura Krägeloh: Ich wollte zunächst die Basics, die Konstanten, die unabhängig vom Arbeitsort in einer Bar immer ähnlich sind, perfektionieren. Man redet ja immer viel von der Gastgeberschaft, vor allem im Service. Daher war es mir, bei aller Leidenschaft für perfekte Drinks, immer wichtig, sowohl vor als auch hinter der Bar zu arbeiten. Souveränität und Freundlichkeit sind ein Muskel, den man im Service besonders gut trainieren kann. Und man erhält sich einen guten Panoramablick für Probleme, Ressourcen und Atmosphäre. Sehr hilfreich für den Betrieb insgesamt.

MIXOLOGY: Du bist seit Kurzem bei Simon Berg in der Amari Bar tätig. Warum?

Laura Krägeloh: Ich persönlich halte das Amari in seiner gesamten Konzeption für eines der spannenden und zeitgemäßen Barkonzepte in München. Von der Küche – wir sind ja auch Tagesbar – bis zu den Drinks achten wir auf eine optimierte Umsetzung von Kriterien, die einfach essenziell sind: Regionalität der Zutaten, wenig Tierisches, klimaschonende Produktion. Das aber nicht missionarisch, sondern bodenständig münchnerisch.

MIXOLOGY: Sind Frauen in der Bar inzwischen auch zeitgemäß akzeptiert?

Laura Krägeloh: Frauen werden aktiv gesucht und auch gefördert. Die Perspektive auf den Bartenderberuf als Männerdomäne wandelt sich gerade stark, vor allem unter Kollegen – jedenfalls den meisten. Bei Gästen muss hier und da noch das klischeehafte Denken durchbrochen werden. Das halte ich für normal bei Rollenbildern in Gesellschaften, die offen sind und sich wandeln. Aber es steckt noch viel Arbeit dahinter.

MIXOLOGY: Werden wir fachlich: Wie gehst du eigene Kreationen an, wie näherst du dich einem Rezept?

Laura Krägeloh: Es ist immer eine Mischung aus Erfahrungswert und Intuition. Für den Drink mit Organics Easy Lemon wollte ich – der Name verspricht es ja – etwas Leichtes und Frisches mit wahrnehmbaren Ecken und kantigen Noten entwickeln. Das fing dann bei der Wahl der Spirituose Tequila an. Ich habe das Geschmacksprofil von Easy Lemon dekonstruiert und mit Zitronencordial neu zusammengebaut. Mit Buttermilch-Kaffir-Sirup kamen dann noch Volumen und Textur dazu. Das klingt immer komplizierter, als es ist. Man muss sich bei der Komposition eines Drinks ein Dessert oder eine Vorspeise vorstellen. Die Küche gibt einem alles. Denk einfach daran, du würdest das essen wollen, was du trinken wirst.

MIXOLOGY: Würdest du die spontane Kreation von Drinks als eine deiner Stärken ansehen?

Laura Krägeloh: Es ist immer wichtig, das Handwerk in klassischer Form zu beherrschen. Aber davon ausgehend, ja. Ich kann mich gut auf Gäste und deren individuelle Wünsche einstellen. Ich kann da schnell reagieren und bin breit aufgestellt. Aber egal, wie du es angehst: Halte den Drink immer klar, strukturiert und mit wenig Lametta.

MIXOLOGY: Wie behältst du den Überblick über die aktuellen Entwicklungen in der Bar?

Laura Krägeloh: Natürlich betreibe ich Eigenrecherche und lese mich fachlich ein. Aber kaum etwas ersetzt den Austausch mit Kollegen und deren neue Ideen. In meinem Freundeskreis habe ich viele Bartender, also nehme ich oft diesen Weg.

MIXOLOGY: Gibt es da Vorbilder, deren Arbeit du besonders verfolgst?

Laura Krägeloh: Ich bin da nicht fixiert. Aber das Schaffen von Chloé Merz und Johannes Möhring hat mich sicherlich beeinflusst und ist für mich stilprägend und inspirierend. Prinzipiell habe ich aber bei der Jobwahl immer auf Personen geachtet, von denen ich lernen will. Bisher hat das wunderbar funktioniert.

»In eine Bar einladen würde ich Bill Kaulitz von Tokio Hotel. Ich höre gerne seinen Podcast und es mich hat beeindruckt, was er gegen alle Widerstände gerissen hat. Das hat meinen Respekt, da wüsste ich gerne mehr darüber, auch, wenn das nie meine Musik war. Es wäre ziemlich langweilig, wenn einen nur interessiert, was man selbst gut findet.«

— Laura Krägeloh

Laura Marie Krägeloh stellt sich bei der Komposition eines Drinks gerne ein Dessert oder eine Vorspeise vor
Laura Marie Krägeloh stellt sich bei der Komposition eines Drinks gerne ein Dessert oder eine Vorspeise vor

MIXOLOGY: Hast du persönlich einen Lieblingsdrink oder eine bevorzugte Spirituose?

Laura Krägeloh: Eher nicht, das wechselt immer wieder. Im Moment sind es Vieux Carré und Hemingway Daiquiri.

MIXOLOGY: Das trinkst du dann in einer anderen Bar. Was ist eine gute Bar?

Laura Krägeloh: Ein Wohnzimmer, in dem smarte, leidenschaftliche Gastgeber die Atmosphäre prägen. In München gehe ich zum Beispiel gerne ins Garçon oder Zephyr. Klasse Bars, die das können.

MIXOLOGY: Gibt es jemanden, mit dem du gerne einmal in einer dieser Bars reden und trinken würdest?

Laura Krägeloh: Jetzt kommt’s (lacht): Mit Bill Kaulitz von Tokio Hotel. Ich höre gerne seinen Podcast und es mich hat beeindruckt, was er gegen alle Widerstände gerissen hat. Das hat meinen Respekt, da wüsste ich gerne mehr darüber, auch, wenn das nie meine Musik war. Es wäre ziemlich langweilig, wenn einen nur interessiert, was man selbst gut findet.

MIXOLOGY: Gehst du sonst professionell aus, schaust, was andere machen, oder bist du genießender Gast?

Laura Krägeloh: Wenn ich ausgehe, ist das Freizeit pur. Ich möchte dann raus aus der Barwelt, auch, wenn ich in einer Bar bin.

MIXOLOGY: Und wenn du nicht in einer Bar bist?

Laura Krägeloh: Ich bin eher heimat- und naturverbunden. Ich unternehme natürlich viel mit meinem Lebenspartner und schöpfe daraus frische Kräfte. Natur, Berge, Wälder sind mein Ding. Ansonsten fotografiere ich sehr gerne oder gehe ins Boxtraining, um mich fit zu halten.

MIXOLOGY: Wenn du von einem der Berggipfel mit dem Teleobjektiv in die Zukunft schauen könntest. Gäbe es eine Ahnung davon, wo du dich in zehn Jahren siehst?

Laura Krägeloh: Ich möchte zwar vieles von meinem Leben jetzt mitnehmen. Aber zum Glück: Nein!

MIXOLOGY: Liebe Laura, vielen Dank für das Gespräch.

Credits

Foto: Organics by Red Bull

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