Die neue Bar Valentin in München ist dem Frohsinn sein liebstes Lokal
München hat eine neue Gastronomie, in der es von früh bis spät wunderbar Essen und Trinken lässt: Die Bar Valentin hat das Erbe der Orlando Bar am Münchner Platzl angetreten, für das Cocktailprogramm ist Johannes Möhring verantwortlich. Allein das ist Grund genug, in der Bar Valentin einzukehren, wo der Humor des Namensgeber Karl Valentin nicht nur Deko ist.
„Alle sprechen über das Wetter, aber keiner tut was dagegen.“
Nein, der Text behandelt nicht die Klimakrise. Aber wenn eine Bar schon nach dem Humoristen Karl Valentin benannt ist, möchte ein Bericht über diese Trinkstätte natürlich auch mit einem seiner Zitate aufgehangen sein. Vor allem, wenn es den Zeitgeist so treffend wie doppeldeutig einfängt wie dieser Spruch.
Humor trifft Gastfreundschaft
Den kulinarischen Zeitgeist wiederum fängt die Bar Valentin am Münchner Platzl ein, nicht nur aufgrund der unübertroffenen zentralen Lage ein bemerkenswertes Objekt. In den Räumlichkeiten war über Jahre die Orlando Bar beheimatet, eine der gastronomischen Visionen des mittlerweile wohl berühmtesten Gefängniskochs Deutschlands: Alfons Schuhbeck hatte sich über Jahre den größten Teil aller gastronomischen Flächen rund um den Platzl gesichert, und so findet hier seit einiger Zeit ein nicht zu übersehender Wandel mit frischer, moderner Gastronomie statt.
Was die Bar Valentin schon direkt zur im Ende Juni 2023 erfolgten Eröffnung für die Leser:innen von Mixology interessant macht, ist das Mitwirken von Johannes Möhring, der erst vor wenigen Wochen seine Bar Ménage geschlossen hat und seitdem konzeptionell eng eingebunden ist in die Idee von Andreas Neumayer, Katharina Wein und Michael Pinke, den drei hauptamtlichen Betreibern der Bar. Vor allem Neumayer und Pinke sind große Fans von Karl Valentin und sehen in der neuen Bar den perfekten Ort, um den Charme von Münchner Gastfreundschaft und den speziellen Humor Valentins zu vermischen, um sowohl einheimischen als auch zugereisten Feinschmeckern ein neues Zuhause zu bieten. Man muss beide nicht lang bitten, um ein beliebtes Zitat oder eine der vielfältigen Anekdoten von Karl Valentin gereicht zu bekommen.
Mailand oder München? Hauptsache Bar Valentin
Die Räumlichkeiten teilen sich in drei Bereiche. Wer die Bar aufsuchen möchte, betritt zuerst den Außenbereich, der streng genommen nicht draußen ist, sich aber komplett so anfühlt. Im lichtdurchfluteten Innenhof, den man sich mit den Nachbarn teilt, lässt sich ganzjährig so genießen, als säße man in einer Seitenstraße in Mailand und gönne sich eine Auszeit aus der Hektik des Alltags. Neben einladenden Tischen wurden ehemalige Schaukästen zu gemütlichen Sitznischen umfunktioniert, die liebevoll mit Reminiszenzen an Karl Valentin dekoriert sind. Die Bar selbst wird optisch durch den modernen Tresen und die wirklich ungewöhnliche Backbar bestimmt. In einer speziellen Holzkonstruktion scheinen die Flaschen zum Teil über der Bar zu schweben und sind nicht nur Blickfang, sondern wundervoller Aufhänger für Gespräche und eine großartige Inspiration für den nächsten Drink, den man dann ein paar Schritte weiter im gemütlichen Sitzbereich einnehmen kann.
Durch äußere Umstände sind kaum Grenzen gesetzt. Direkte Anwohner:innen gibt es kaum. Unter gleichem Dach finden sich hauptsächlich Büros und Praxen, sodass es am Abend auch einmal länger werden darf, als die kommunizierten Öffnungszeiten vermuten lassen. In valentinscher Manier sind diese nicht ganz rund. Offiziell schließt die Bar montags und dienstags um 15:59 Uhr, an den anderen Tagen um 23:59 Uhr. Aber dies ist nicht in Stein gemeißelt. Wie es das illuminierte Zitat an der Wand sagt: „Heute ist die gute alte Zeit von morgen!“, sollen Feste feiern, wie sie fallen. Die offiziellen Öffnungszeiten sollen dafür eher einen Rahmen geben.
Die Bar Valentin gibt es von früh bis spät
Möhrings Wunsch wäre es, einen Ort zu schaffen, der den Charme einer cozy Wohnzimmerbar versprüht, abgerundet mit leckerem Essen und außergewöhnlich guten Drinks. Der erste Eindruck vermittelt dahingehend schon einmal ein gutes Gefühl. Inhaltlich gefüllt werden die Räume mit einem Konzept, welches den gesamten Tag bespielt. Abgesehen vom sonntäglichen Ruhetag kann an jedem Tag ab 9 Uhr gefrühstückt werden. Wer mittags einen gemütlichen Rückzugsort und etwas Leckeres zu Essen sucht, wird hier sicher ebenso fündig wie diejenigen, die sich auch am Abend eine kleine Stärkung zum Drink wünschen. Küchenchef Cosimo, der vor der Bar Valentin lange Jahre für die Speisen im nahegelegenen Hotel Lux zuständig war, erfreut den Gaumen mit handwerklich mediterraner Küche vom Frühstück bis zur späten Kräftigung. Persönliche Highlights sind die Gambaburger, das Saltimbocca und der fantastische Burrata.
Die Symbiose von Bar und Küche hat Möhring ja bereits im Ménage auf die Spitze getrieben, und diese Leidenschaft möchte er nach Möglichkeit auch in der Bar Valentin ausleben. Auch wenn er nicht in Vollzeit hinter dem Tresen zu finden ist, so zeichnet er doch verantwortlich für den überwiegenden Teil des flüssigen Konzepts und möchte in der Bar Valentin Foodpairing etablieren, gleichzeitig sind die Betreiber sehr angetan von der Idee, den bereits im Ménage sehr beliebten Sonntagsbrunch wieder aufleben zu lassen. Zudem sollen, sobald sich alles ein wenig eingespielt hat, auch Menüs mit Cocktailbegleitung kommen.
Kristallklarer Espresso Martini
Im ersten Schritt geht es erst einmal darum, das Barkonzept zu entwickeln, Personal zu schulen und Abläufe zu erarbeiten. Ein hauptverantwortlicher Bartender ist mit dem zuvor in der Juliet Rose Bar tätigen Marcel Sturm bereits gefunden, und die erste Cocktailkarte zeigt einen schönen Einblick in Möhrings Anspruch und Kreativität. Der kristallklare Espresso Martini mit aufgelegter Kaffeewolke begeistert nicht nur Instagram, sondern ist ein wirklich gekonnter Twist auf den Klassiker, der gerade seinen zweiten Frühling erlebt.
Wenn die Idee hinter einer Bar mediterran ist, darf natürlich auch ein Negroni nicht fehlen. Mit dem Valentino serviert man einen Signature Negroni, der in Sachen mediterraner Aromen seinesgleichen sucht. Der mit Rosmarin aromatisierte Gin wird duch Cascara-Wermut hervorragend eingefangen, der Negroni ist insgesamt mehr als stimmig. Valentins Aussage „Sauft nicht so viel, trinkt lieber ein Bier“ hat hier also nur bedingt Gültigkeit.
Die Blume des Blödsinns im Zentrum
Die Frage, wie Johannes Möhring die Aromen in seine Zutaten bekommt, erwidert der Allgäuer mit einer einladenden Geste in den Nebenraum. Was später einmal ein Raum für Events und geschlossene Veranstaltungen mit eigener Bar werden soll, wird aktuell noch als Büro genutzt und hier finden sich auch die technischen Spielereien, die mittlerweile zu Möhrings Standardrepertoire gehören. Der Rotationsverdampfer rotiert leise vor sich hin und über den Kammervakuumierer freut sich nicht nur die Bar, sondern wird auch von der Küche dankbar mitgenutzt.
„Auch wenn die Bar Valentin nicht meine eigene Vision ist, freue ich mich, meine Kreativität in der Vision anderer ausleben zu können“, beschreibt Möhring sein Engagement in der Bar Valentin. Zumal er sich in den Räumlichkeiten sichtlich wohlfühlt und seine neue Homebase gefunden zu haben scheint. Dass ihm bei den weiteren Gegebenheiten seine alten Stammgäste bald folgen dürften, steht eigentlich außer Frage, und gerade als Münchner gefällt einem die Idee, auch im sonst so touristischen Zentrum der Stadt einen neuen Ort mit vertrauten Gesichtern und Münchner Charme finden zu können.
Karl Valentin hätte dieser Ort sicher sehr gefallen. Und zu manchem Drink der Zukunft passt dann hoffentlich das Lieblingszitat des Autors von Karl Valentin: „Es freut sich’s Herz und das Gemüt, wo die Blume des Blödsinns blüht.“
Credits
Foto: Bar Valentin