TOP
Der Belmont Cocktail besteht aus Gin, Sahne und Himbeersirup.

Der Belmont Cocktail ist ein flüssiges, gekühltes Dessert

Der Belmont Cocktail ist denkbar einfach und besteht aus Gin, Sahne und Himbeersirup. Im Zug der Wiederentdeckung vergessener Klassiker hat der vermutlich 1916 erstmals veröffentlichte Drink wenig Wellen geschlagen. Zu Unrecht, wie unser Autor Armin Zimmermann findet, der den Belmont Cocktail für den perfekten, kalten, sahnigen Nachtisch hält.

Die Cocktail-Renaissance ist schon ein paar Jahre her, und so möchte man glauben, alle wichtigen und schmackhaften Drinks der Vergangenheit seien wiederentdeckt und in den Kanon der Mischgetränke aufgenommen worden – so wie dies beispielsweise mit dem Aviation Cocktail geschehen ist, der erstmals bei Hugo Richard Ensslin in seinem Buch „Recipes for Mixed Drinks“ erschien.

Die Rezeptur des Belmont Cocktail ist denkbar einfach. Gründlich gemacht werden muss er dennoch.
Die Rezeptur des Belmont Cocktail ist denkbar einfach. Gründlich gemacht werden muss er dennoch.

Belmont Cocktail

Zutaten

4 cl London Dry Gin
3 cl Sahne
2 cl Himbeersirup

Belmont Cocktail: Gin, Sahne, Himbeersirup

In diesem Buch aus dem Jahr 1916 und 1917 wurden aber noch weitere Drinks erstmals veröffentlicht, die es ebenso verdienen, in den Kanon aufgenommen zu werden. Einer davon ist der Belmont Cocktail. Mit seiner Kombination aus Gin, Sahne und Himbeersirup ist er kein Cocktail im Sinne der eigentlichen Cocktaildefinition. Wir sehen: Schon damals bezeichnete man Mischgetränke ganz allgemein als „Cocktail“, so wie es heute noch geschieht. Er folgt prinzipiell der Rezeptur eines Brandy Alexander, gibt ihm jedoch eine eigenständige Ausrichtung, die geschmacklich mehr als überzeugt.

War der Belmont Cocktail weit verbreitet? Zunächst vielleicht nicht. Ich habe ihn nach 1917 nur noch einmal im Jahr 1925 in einem Buch gefunden. Die Tatsache jedoch, dass er im Jahr 1930 im „Savoy Cocktail Book“ aufgenommen wurde, zeigt, dass er für Harry Craddock, dem Autor dieses Werkes und Head Bartender im Londoner Savoy Hotel, etwas Relevantes war. Dieses Buch legte den Grundstein für viele Bartender-Generationen, die noch kommen sollten, und ist eines der wichtigsten Rezeptbücher überhaupt, auf das immer wieder zurückgegriffen wird. In den Folgejahren wird der Drink oft zitiert. Dennoch scheint er irgendwann trotz gelegentlicher Erwähnung in Vergessenheit geraten zu sein, und in meinen in den letzten paar Jahren erschienenen Rezeptsammlungen konnte ich ihn nirgendwo finden.

Ein flüssiges, gekühltes Dessert

Das verwundert, denn er ist einem Brandy Alexander mindestens ebenbürtig. Die Kombination aus Gin, Himbeersirup und Sahne ist wundervoll, und ein besseres flüssiges Dessert wird man kaum finden. Mit seiner dezent rosaroten Färbung ist er zudem noch hübsch anzusehen. Woher die Bezeichnung des Belmont Cocktail kommt, weiß man hingegen nicht genau. Da er jedoch 1917, vielleicht schon 1916 in der Erstausgabe von „Recipes for Mixed Drinks“ erschien, wird er sich auf etwas aus diesen Jahren beziehen. Hugo Richard Ensslin arbeitete im Wallick Hotel in New York. Das Belmont Hotel lag nur ungefähr einen Kilometer entfernt. So wie das Wallick Hotel eigene Signature Drinks hatte, wird sicherlich auch das bedeutende Belmont Hotel welche gehabt haben. Es ist wahrscheinlich, dass dies der Belmont Cocktail war, und dass Hugo Richard Ensslin diesen, allein schon aufgrund der geografischen Nähe, kannte und dann in sein Buch aufnahm.

U-Bahn im Keller

Das Belmont Hotel eröffnete im Jahr 1908 und war damals mit 94 Meter das höchste Hotel der Welt. Betrieben wurde es von August Belmont, seines Zeichen Bankier, Pferdezüchter, Besitzer eines Pferderennstalls und einer Pferderennbahn. Das erfolgreichste amerikanische Rennpferd des 20. Jahrhunderts stammte aus seiner Zucht. Zudem finanzierte, baute und betrieb er die New Yorker U-Bahn.

Das war praktisch, denn so konnte August Belmont im Keller seines Hotels eine private U-Bahn-Station errichten. Standesgemäß hatte er auch einen privaten luxuriös ausgestatteten U-Bahn-Wagen namens „Minola“, und seine Frau meinte, daran könne man sich gut gewöhnen. Bis heute ist er übrigens die einzige Person, die jemals eine private U-Bahn besaß. Im Hotel gab es beispielsweise auch einen Palmengarten mit Gastronomie. Auf alten Fotos sieht man, wie sich im Hotel die feinen Damen der Gesellschaft trafen und sich über den neuesten Klatsch und Tratsch austauschten. Das ist – finde ich zumindest – eine Umgebung, in der ich mir diesen feinen Dessertdrink gut vorstellen kann; es muss nicht immer eine Himbeer-Sahnetorte sein, ein Belmont Cocktail tut es mindestens genauso gut.

Noch dazu eisgekühlt.

Credits

Foto: Sarah Swantje Fischer

Kommentieren