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Dave Saremba; World Class Österreich

Der Weg des David Saremba vom Sorgenkind zum Senkrechtstarter

Wer ist der 22-jährige David Saremba, der Österreich bei der diesjährigen World Class in Glasgow vertrat? Wir haben den Bayer, der im Innsbrucker Liquid Diary arbeitet, besucht. Und einen überaus geradlinigen Jung-Bartender getroffen.

 

„Viele Außenstehende meinten, ich sei zu jung und zu unerfahren, aber ich hatte mein Ziel vor Augen.“ Im Rückblick klingt vieles in David Sarembas Werdegang wie von einer höheren Regie, deren Namen jeder selbst einsetzen darf, erdacht.

Man könnte fast Fatalist werden, wenn „Dave“ den Weg vom kleinen Chiemgauer Dorf zum österreichischen World-Class-Gewinner mit gerade 22 Jahren schildert. Denn von „Wunderkind“ erzählt diese Geschichte nichts, selbst vom „Naturtalent“ will der gebürtige Bayer nichts wissen. Viel eher kommen Fleiß und Zielstrebigkeit immer wieder zur Sprache. Denn für den Weg an die Bar sprach beim kleinen David lange genau gar nichts.

Bar-Anhimmeln im Hotel

Mit 15 Jahren vom Gymnasium gegangen – „aufgrund meiner nicht so überragenden Noten“ –, machte die berufliche Zukunft der Familie Saremba vorerst Sorgen: „Handwerklich bin ich nicht sehr begabt, deswegen haben wir beratschlagt, was ich machen könnte. Relativ schnell kamen wir auf die Gastronomie, da ich gerne mit Menschen arbeiten wollte.“

Ein erfolgreiches Praktikum stellte die Weichen aber schnell in Richtung Tresen. Drei Jahre im Hotel Gut Ising am heimatlichen Chiemsee halfen der Engführung in Sachen Gästebetreuung. Rezeption oder andere Bereiche des Hotels erwiesen sich nicht als Stärken, viel lieber schaute Dave Saremba bei den Jungs in der Bar vorbei. „Sie waren halt die Coolsten im Hotel, so wie das oftmals der Fall ist.“ Und hatte die Crew einen guten Tag, durfte er sogar beim Mise en Place helfen.

Doch wer immer strebend sich bemüht, den kann man bekanntlich erlösen, wobei die „faustische“ Lösung in diesem Falle an der Pool-Bar stattfand. „Das waren zu 90 Prozent Smoothies und Kinder-Cocktails“ erinnert sich Saremba. Doch erstens hatte er einen Shaker und zweitens Zeit zum Experimentieren. Und vor allem stellte sich die Leidenschaft ein. „Ich habe bemerkt, dass mir das kreative Arbeiten an der Bar in Kombination mit dem direkten Gästekontakt gefällt.“ Und so folgte zum 18. Geburtstag das Geschenk an sich selbst: Die Frage, ob er denn im Gut Ising nicht auch an der Bar arbeiten dürfte.

Was nun folgt, sollten sich viele Lehrherren genau durchlesen. Denn Sarembas Barchef förderte ihn vom ersten Tag an, stellte ihm neuen Aufgaben und brachte ihm den Umgang mit den Gästen bei.

Via Schumann nach Salzburg und Innsbruck

Die anderen Hotel-Bereiche hatten sich ohnehin schnell erledigt. Der letzte Versuch im Housekeeping scheiterte nach zwei Wochen ¬– wobei das frühe Aufstehen keine unwesentliche Rolle dabei spielte. „Spätestens jetzt war klar: Ich werde nach meiner Ausbildung an der Bar arbeiten.“

Wenn Saremba seine Selbst-Erziehung in Sachen Barkultur schildert, kommen Reminiszenzen auf, die viele Bartender kennen: „Ich habe mir Bücher gekauft, American Bar von Charles Schumann war das erste. Noch während meiner Ausbildung habe ich einen Grundkurs in der Bar-Schule in München gemacht und versucht, mir dort so oft wie möglich die Bars anzusehen.“

Bis heute ist das Schumann’s eine der Lieblingsbars des Neo-Tirolers geblieben. Doch noch galt es, die „offizielle“ Hotel-Ausbildung abzuschließen. 2016 war es so weit, und trotz der Stelle an der Bar half Dave Saremba immer wieder im Service aus. Wichtig war ihm allerdings, auch eigene Drinks auf die Karte zu setzen und so das nächste Level zu erreichen.

Dave Saremba; World Class Österreich

David Saremba und das Prinzip der jugendlichen Frechheit

Denn sein Ziel wurde beim Schauen von Youtube-Videos definiert. „Da will ich auch mal hin eines Tages“, meinte der Jung-Bartender salopp zu einem Kollegen, als sie die ersten World-Class-Beiträge am Handy schauten. Es wurde Zeit für den Sprung aus der Hotel-Bar, und statt München erfolgte er in Salzburg: In Patric Roths Little Grain wurde eine Stelle frei, das Bewerbungsgespräch brachte den Youngster im August an die Salzach.

Im Nachhinein bucht Saremba das unter Frechheit siegt. „Ich war mir damals gar nicht bewusst, auf welchem Niveau diese Bar agierte.“ Mit gerade einmal 20 Jahren und dem erfahrenen Andreas Portz (heute im Herbert’s wieder zurück in Salzburg) als Vorgänger war es sehr schwer, „Stammgäste von mir und meinen Drinks zu überzeugen“, wie Saremba meint.

Der Traum zerbricht. Wortwörtlich.

Die Antwort bestand in noch mehr Weiterbildung, und im Zuge dessen wuchs auch das Netzwerk an Bartendern. Selbst mit der World Class schien es 2018 mit zarten 21 Jahren zu klappen. Der Weg ins Österreich-Finale war frei, doch dann machte ein Unfall an einem Badesee samt langwieriger Bein-Verletzung den Plan zunichte. Beziehungsweise sorgte er dafür, dass im Moment der Absage klar war, „dass ich dafür das kommende Jahr umso mehr angreifen werde“.

Ein Teil der Vorbereitung bestand in der nächsten Veränderung: Innsbruck sah Saremba erstmals im Rahmen eines Workshop im Liquid Diary, und man darf von Liebe auf den ersten Blick sprechen. Der begeisterte Wandersmann aus dem Chiemgau sah die Nordkette zum Greifen nah, „außerdem merkte ich, dass in Innsbruck viel mehr los war auf den Straßen und in den Bars als in Salzburg“.

Endgültig schicksalhaft war dann die Frage nach einer möglicherweise offenen Stelle in einer Tiroler Bar. Denn Damir Bušić, der damalige österreichische World-Class-Sieger, suchte gerade Verstärkung für das Liquid Diary. Zwei Telefonate und Treffen später war klar: Ab Oktober 2018 wechselt David Saremba das Bundesland. Nicht nur mit Routinier Bušić, der aus dem Bayern-nahen Tannheimer Tal stammt, stimmte die Chemie. Auch die Innsbrucker Bar-Community nahm den wissbegierigen Neuzugang schnell auf.

Dave Saremba mag den Charme der Alpenstadt

Im Gespräch revanchiert sich der Bayer mit einer Liebeserklärung an die Alpenstadt: „Innsbruck ist meiner Meinung nach jetzt schon Nummer 2 in Österreich, was Bars angeht. Vereinzelte Barkeeper sind auch definitiv am selben Niveau wie die Kollegen aus Wien.“

Mit seinem eigenen ländlichen Background sieht er generell glorreiche Zeiten für die Barkultur in Kleinstädten. Doch mit kleinem Vorbehalt: „Da alles etwas familiärer ist und Stammkunden sehr treu sind, ist Gastfreundschaft das allerwichtigste. Wenn du aber einen Fehler machst, weiß es sofort jeder. Passt die Performance hingegen, kannst du nicht durch die Stadt gehen, ohne stehen zu bleiben und einem der Stammgäste Hallo zu sagen.“

Getoppt wurde diese Tiroler Wohlfühl-Kur noch durch den Sieg der nationalen World Class. Der Fan minimalistisch gehaltener Cocktails setzte sich mit minutiöser Vorbereitung (Kommunikations-Coach inklusive) im Mai beim Österreich-Finale durch. Aus dem einstigen Sorgenkind war so auch der Stolz der Mama geworden: „Meine Mutter hat jeden Zeitungsartikel und Bericht ausgedruckt und ausgeschnitten“. Dazu kamen „surreale Momente“ im globalen Wettbewerbsfinale. „Etwa wenn du auf der Insel Skye neben Eric Lorincz sitzt und zusammen Austern mit Talisker ißt“.

Schicht daheim in Innsbruck statt Startending

Trotz dieses Erfolgs ist Dave Saremba eher die Antithese zu den transkontinentalen „Startendern“. Die Reisen der letzten Monate findet er nämlich durchaus anstrengend. „Vor der World Class bin ich seit 15 Jahren nicht mehr geflogen, seitdem sicher allein schon 15 Mal.“ Die Arbeit an der neuen Karte des Liquid Diary fordert ihn an der Seite von Damir Bušić. Und es klingt keine Spur kokett, wenn David froh ist, „wieder in der Normalität der Bar zurück zu sein“. Aber es sagt viel über den Arbeitsethos eines 22-jährigen Bartenders im Jahr 2019.

Was das konkret bedeutet, schildert ein willkürlich gewählter Abend: Der Ski-Fahrer sitzt neben dem Banker an der Bar, eine Gruppe Frauen feiert gerade Junggesellinnen-Abschied, und der Whisky-Freak trinkt seinen Blue Label. „All das gemischt findet sich bei uns in der Bar und alle sind glücklich. Das ist es, worum es geht.“ Nicht nur im Heiligen Land Tirol kann man dazu einfach „Amen!“ sagen.

Credits

Foto: PR

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