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Bild der wöchentlichen News-Rundschau

Inventur am 7. August 2022 – Geizige Gäste & TikTok für Bars

Nach wie vor leidet die Gastronomie unter Personalmangel. Auch wenn gut geführte Bars im Allgemeinen weniger an diesem Problem leiden, da sie viele ihre Mitarbeiter:innen halten konnten, ist der Aderlass nicht von der Hand zu weisen. Kontinuierlich teilen Bars und Barbetreiber:innen in Sozialen Medien Posts, in denen nach Tresen- und Servicekräften gesucht wird. Der pandemische Effekt, die Gastronomie als wenig (krisen)sicher zu empfinden, hält an. Ein weiterer Grund, warum ihr Mitarbeiter:innen den Rücken zu kehren: immer geizigere Gäste. Das zumindest macht die Zeit in einem Beitrag mit dem Headline „Manche erfinden Haare im Essen, damit sie nichts zahlen müssen.“ aus, in dem 20 Köche und Kellner:innen von ihren Erfahrungen berichten. Ein Umstand, der angesichts einsetzender Teuerungen nicht unbedingt verschwinden dürfte. Und somit widmen wir uns den weiteren News der Woche.

Klaus St. Rainer und der Rausch

Unterhaltsamer geht es im Interview von Klaus St. Rainer für die Neue Zürcher Zeitung zu. Das Gespräch steht unter dem Aspekt des Rausches, und der mittlerweile 50-jährige Routinier und Betreiber der Goldenen Bar in München hat einiges zu erzählen. Er spricht davon, einen Rausch bewusst und kontrolliert zu erleben, wie ihn der Umgang mit schweren Alkoholikern als jungen Bartender sensibilisiert hat, und auch was er von alkoholfreien Spirituosen hält. „Was bekomme ich, wenn ich einen alkoholfreien Gin bestelle? Wasser mit Aroma, im Grunde eine Art Tee. Der kostet aber so viel wie ein echter Gin, manchmal sogar mehr. Natürlich kann jeder trinken, was er will. Aber mich stört der Beschiss: 40 Euro für 0,7 Liter Tee. So einen Mist wird es in meiner Bar nie geben.“ Rainer nimmt sie wie gewohnt kein Blatt vor den Mund, mahnt aber auch an, dass mit einer etwaigen Energiekrise im Winter eine weitere Herausforderung auf die Gastronomie zukommen könnte.

TikTok für Bars

Sie ist nach wie vor die trendende App schlechthin: TikTok. Etwaigen Warnungen zum Trotz, sie hätte als chinesische App keinen vertrauenswürdigen Hintergrund, steigen die Zahlen Quartal für Quartal kontinuierlich. So sehr, dass Instagram-User unlängst eine Kampagne starteten, um dem Mutterkonzern Meta klarzumachen, dass Instagram, das sich immer mehr dem Bewegtbild annähert, nicht TikTok werden sollte. In einem ausführlichen Dossier widmet sich Daily Sevenfifty nun der Frage, wie Bars sich dem Thema TikTok nähern können. Denn der Umgang der Plattform mit Alkohol ist grundsätzlich restriktiv. Mit einem Augenmerk auf die Zielgruppe, die zu einem Viertel auf die Gruppe der 10-19-Jährigen fällt, wird Branded Content von alkoholischen Marken beispielsweise nicht erlaubt. Gleichzeitig wird die Herstellung und das Präsentieren von Cocktails, die wiederum Alkohol enthalten, vom TikTok-Algorithmus nicht unbedingt abgestraft. Lesenswert, denn eines scheint klar: TikTok is here to stay.

Der Wachstum des Gins

Hat Gin seinen Höhepunkt erreicht? Diese Frage ist angesichts des bereits so lange andauernden Höhenfluges der Wacholder-Spirituose eine Art „Und täglich grüßt das Murmeltier“-Frage der Spirituosenwelt. Die Antwort war stets: nein. Da ging immer noch was.

Laut The IWSR könnte jetzt aber doch einmal der Gipfel erreicht sein: zumindest was führende Gin-Märkte wie Großbritannien und Spanien betrifft, hat der Mengenverbrauch laut Werten des Instituts sein Plateau erreicht. Der Umstand, dass laut Prognosen das weltweite Volumen von Gin von 2021 bis 2026 trotzdem um fünf Prozent wachsen wird, liege vor allen an Märkten wie Brasilien, Indien oder Südafrika. In Brasilien etwa sei der Konsum zehnmal so hoch wie noch 2017. Und ein Trend, der weiterhin anhält: lokaler Gin mit diversen Flavour-Profilen. Da darf das Murmeltier weiterhin grüßen …

Pousse Café: Schicht für Schicht

Zum Abschluss ein Text, der ein wenig auch ein Beitrag in eigener Sache ist: Das Punch Magazine widmet sich in einem Beitrag unter dem Titel „Bring Back the Pousse Café“ den oft likörstarken Drinks, die als Digestif entstanden sind und heute vor allem als geschichtete Shots bekannt sind, wie etwa der B52. Kenneth Vanhooser aus dem Le Loup in Nashville erzählt, warum er in dieser Kategorie etwas Renaissance betreibt, und auch wir bei MIXOLOGY haben uns dem Thema ausführlich gewidmet: Ab Oktober startet eine zehnteilige Serie von Cocktail-Historiker Armin Zimmermann auf MIXOLOGY Online, die in der Kaffeekultur des 16. Jahrhunderts beginnt und in der modernen Barkultur endet. Und sozusagen Schicht für Schicht die Geschichte dieser vergessenen Gattung freilegt.

Credits

Foto: everettovrk - stock.adobe.com

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