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Menage Bar München

Münchener Ménage-à-trois: Zwei Kinly-Boys und das „Gamsei“

René Soffner und Johannes Möhring drehen in ihrem neuen „Ménage“ nun auch für die Münchener Abendgesellschaft am experimentellen Schräubchen. Passend für ihren blubbernden Rotationsverdampfer haben sie sich einen legendären Ort ausgesucht, das frühere „Gamsei“.

Woran erkennt man die alten Hasen im Show-Geschäft? An der Coolness vor ihren wichtigen Premieren. Hinten noch Teppiche fest zu tackern, während vorne die Eröffnungsdrinks gereicht werden, spielt es mit einem Profi wie Johannes Möhring nicht.

Er schenkt sich am Vorabend der „Ménage“-Eröffnung einen Grauburgunder ein und sieht nur ein einziges Detail, dem er zu Leibe rücken muss, wenn es nicht die verantwortliche Getränkefirma noch tut: „Das Bierlogo kommt weg“. Es ist freilich auch ein „gemachtes Nest“, das Johannes Möhring und sein Frankfurter Kompagnon René Soffner nun für die Öffentlichkeit freigegeben haben.

Ménage und das Münchener Vermächtnis des „Gamsei“

Denn zum Glück hat noch jeder Vorgänger in der Buttermelcherstraße erkannt, welche unglaublich funktionale Einrichtung Matthew Bax hier hinterlassen hatte. Das kurzlebige vegane Café etwa, aber auch das Restaurant „Noun“, das zuletzt hier etabliert war, sie alle beließen die Schrankwand des „Buero Wagner“ vom Ammersee.

Ein Name, der Schnappatmung hervorruft, wenn man ein Architekturfan ist. Und auch wenn Bax’ Bar „Gamsei“ nur einen Sommer lang tanzte, reichte es schließlich, um Preise für das Interieur einzuheimsen. Wozu also diese gerade mal fünf Jahre alte Edel-Einrichtung aus Eiche verändern?

„Ich habe mit Matthew gesprochen“, so Johannes Möhring, der mit Münchener Stationen wie der Cortiina und dem Schumann’s auch die aktive Zeit des Gamsei kannte. „Sein Old Fashioned 3.0 hat uns damals richtiggehend geflashed“.

Der Australier macht heute Objektkunst und Installationen daheim in Melbourne. „Vielleicht bekommen wir ja mal ein Bild von ihm“, hofft er leise auf einen Brückenschlag ins Jahr 2013, als in München bereits Kräuter gesammelt wurden, wie das heute alle tun. Doch der Rückblick interessiert hier im Isartor-Viertel niemanden. Reüssiert werden muss im Heute. Mit zwei Trinkstätten – dem 1987 eröffneten Juleps ein paar Schritte weiter und Andreas Tills Pacific Times an der Ecke der Buttermelcherstraße  – sitzt das Ménage schließlich in einer alten Fortgehmeile.

Ein „Kinly Boy“ in Minga

Schon allein deshalb wird es auch Bier (Zwickl von Paulaner) und eine ordentliche Wein-Auswahl geben. „Erstens, weil’s der Münchener mag und zweitens, weil ich ja auch ausgebildeter Sommelier bin“, so der Allgäuer Barchef. Im Juli 2018 ist Johannes Möhring zum Teilhaber im The Kinly geworden, ohne dass man das groß kommuniziert hätte. Parallel erfolgte der Ausstieg beim Münchener Roomers, das er mit eröffnet hatte. Entsprechend viel Know-how bringt auch Drink-Düsentrieb René Soffner in den Süden mit, auch wenn er weiter vorwiegend in Frankfurt zu finden sein wird.

Erfolgreiche Kinly-Drinks wie den „Butterfly Mojito“ – mit Minze re-destillierter Plantation Rum verleiht diesem Drink das Rückgrat – gibt es in der Isarvorstadt ab zehn Euro. Auch der „Ho-Lee Fok“ ist bereits aus FFM vertraut. Die Zutaten des Drinks muss man vielleicht nachschlagen: Lapsang-Cascara-Destillat, Pu-Erh Tee-Honig, Mandarinen-Shrub und Fleur de Sel Lösung. Erprobt ist diese Kombination jedenfalls bereits bis ins Detail.

Dazu kommen Ideen, an denen noch gefeilt wird nach dem „Soft Opening“ knapp vor Weihnachten. Hydrosole, aus denen etwa aromatisierte Eiswürfel werden könnten, sind so eine Zutat aus der Technoküche. Dazu bereitet Möhring gerade ein Soda auf der Basis von gerösteter Kokosnuss vor. Und auch der „White Dog“ mit Erdnussbutter ist für die im Jänner gedruckt vorliegende Karte vorgesehen.

Essen im Ménage: Cannelloni oder doch Cascara?

Verspielte Illustrationen von Carina Felicia – sie sehen aus, als hätte Max Ernst Collagen mit Photos aus der Vogue angefertigt – werden den Spirit des Ménage optisch umsetzen. Auf den Namen sei man nach längerer Suche gestoßen, so Johannes Möhring. Analog zum „kin“, dem Südstaaten-Slang für Anhang oder Clan, „sollte es etwas rund um Familie werden“. Dass die Ménage auch in der Gastronomie diverse Bedeutungen hat – vom Salz/Pfeffer-Set bis zum Ménage-Reindl, wie man den Henkelmann in Österreich nennt –, gab schließlich den Ausschlag.

Ein weiterer Aktiv-Posten heißt Luke Rogers und wird die Küche des Ménage verantworten. Im Walter&Benjamin bekannt geworden, zählten das Little Wolff und das avva zu seinen Stationen, an denen stets die Kreativität seiner Küche (und das Händchen für Gewürzmischungen) gelobt wurde. Zum Soft Opening reichte er Cannelloni aus Tramezzini-Teig.

Die gut 40 Plätze wird Rogers mit „regionalem, aber kreativem“ Essen versorgen. Auch hier spielt die Drink-Küche mit, „Erdnuss-Püree werfen wir nicht weg, sondern wird in den Gerichten weiterverarbeitet“. Und von denen wird es reichlich geben, mit einer Zusatzkarte wird das Menu auch nur kurzfristig um Saisonales bereichert. Denn die Atmosphäre einer Bar soll zwar im Mittelpunkt stehen, „aber auch die Option, ein paar nette Sachen zu essen“. So setzt Johannes Möhring auch Kerzen als Tischbeleuchtung ein. So viel Romantik darf dann auch im Schatten des Rotovaps sein. Oder wie es Bier-Fan Möhring bayrisch sagen würde: Sie ist ein „Maßt have“.

Credits

Foto: Ménage Bar

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