Der Pisco Punch Cocktail verzauberte selbst Rudyard Kipling
Die Geschichte der Besiedlung Amerikas ist eng geknüpft an die Geschichte des Goldes. Wo immer man vor 175 Jahren Gold fand, wurde im Handumdrehen eine Stadt gegründet. Und Glückssucher, die sich schon als Millionäre wähnten, strömten aus der ganzen Welt herbei. San Francisco ist eine Stadt, die ihre Wurzeln auch im Goldfieber hat und in ihrer Anfangszeit sämtliche damit verbundenen Schicksale kannte.
Nun, wer Gold suchte, hatte auch immer einen guten Grund zum Trinken. Wer welches fand, um dieses zu feiern. Wer kein Glück hatte, wollte wiederum seinen Kummer ertränken. Und wo es Durst gibt, gibt es auch Bars. Das war auch damals schon so, auch wenn man diese Orte der geselligen Zusammenkunft damals als Saloons bezeichnete.
Neben Glücksspiel und Schießereien gab es dort auch immer etwas Flüssiges ins Glas und neben dem selbst gebrannten Feuerwasser war es in San Francisco oft Pisco, der von chilenischen und peruanischen Glücksrittern mit nach Amerika gebracht wurde.
» Zusammengesetzt aus den Spänen von Engelsflügeln, der Herrlichkeit einer tropischen Morgendämmerung, den roten Wolken des Sonnenuntergangs und den Fragmenten verlorener Epen toter Meister. «
— Schriftsteller Rudyard Kipling über den Pisco Punch
Pisco Punch Cocktail
Zutaten
6 cl peruanischer Pisco
1,5 cl Lillet Rouge
1,5 cl frischer Limettensaft
2 cl Gomme Syrup (oder Zuckersirup)
5 frische Ananaswürfel
Der Pisco Punch und das Kokain
Und so gab es in San Francisco die Bar „Bank Exchange“, in der die Jagd nach Gold gefeiert wurde. Jeder kannte diesen Ort und lange über den Goldrausch hinaus sollte diese Trinkstätte, an der Stelle heute die Transamerica Pyramid steht, Ruhm erlangen. Ihr Bekanntheit verdankt die Bar unter anderem einem dort erfundenen Cocktail: dem Pisco Punch. Über den Erfinder der Mischung, Bar-Betreiber Duncan Nicol, wird erzählt, dass er die Rezeptur hütete wie seinen Aufapfel. Außerdem habe er die Pisco Punches immer außerhalb des Blickfelds seiner Gäste zubereitet.
Verschiedene Chronisten schrieben dem Punch eine aufputschende Wirkung zu. Rudyard Kipling etwa beschrieb den Pisco Punch in From Sea to Sea als „zusammengesetzt aus den Spänen von Engelsflügeln, der Herrlichkeit einer tropischen Morgendämmerung, den roten Wolken des Sonnenuntergangs und den Fragmenten verlorener Epen toter Meister“. Aufgrund dieser rauschhaften Begeisterung nimmt man heute an, dass Nicol eine kokainhaltige Zutat verwendete.
Dass die Polizei San Franciscos im Jahr 1856 per Erlass versuchte, den Konsum auf einen Pisco Punch pro Gast und Tag zu beschränken, wie Cocktailhistoriker Dave Wondrich in seinem Werk Imbibe! anmerkt, ist ein weiterer Beleg. Pisco-Experte Duggan McDonnell aus San Francisco ist überzeugt, dass im Originalrezept „Vin Mariani“ verwendet wurde. Dies war ein damals populärer Aperitifwein auf der Basis von Bordeaux-Weinen, versetzt mit Auszügen von Kokablättern. Ähnlich wie sie auch in der Ursprungsrezeptur von Coca-Cola verwendet wurden.
Ein legales Nachfolgeprodukt wird heute auf Korsika hergestellt. Auf der Internetseite von Vin Mariani sind viele historische Referenzen abgebildet, die belegen, wie beliebt diese als „Tonikum“ oder „Tonic“ angepriesenen Getränke damals waren.
Die Probibition beerdigte den Erfolgsdrink
Erst die Prohibition setzte dem rauschhaften Treiben rund um den Pisco Punch ein Ende. Duncan Nicol verstarb noch vor dem „Repeal Day“ und nahm das ursprüngliche Rezept des Drinks mit in sein Grab. So dachte man zumindest. Bis im Jahr 1973 die „The California Historical Society“ ein Rezept veröffentlichte, das ihr ein ehemaliger Manager des „Bank Exchange“ überlassen habe. Die überliefert Mischung kommt allerdings eher fruchtig-sanft daher. Und ist eher eine Abwandlung des klassischen Pisco Sours.
»Wer kein Glück hatte, wollte wiederum seinen Kummer ertränken.«
Außerdem lässt sie völlig das Rot der Kippling’schen Sonnenuntergangs vermissen! Entsprechend darf man McDonnel durchaus Glauben schenken. Seine Variante ersetzt Vin Mariani durch die heutigen legalen Zutaten Lillet Rouge und Angostura Bitters. Wir haben das Rezept, für das man im Original einen Ananassirup ansetzen soll, hier vereinfacht, so dass man es in der Cocktail- oder Hausbar mit verfügbaren Zutaten sofort nachmixen kann.
Dieser Beitrag erschien erstmals im Juni 2019 auf MIXOLOGY Online und wird seither regelmäßig aktualisiert.
Credits
Foto: ©Sarah Swantje Fischer