TOP
Black Velvet Cocktail | Stout & Champagner | Mixology Magazin für Barkultur

Black Velvet Cocktail: Der Deutsche unter den Drinks

Der ungewöhnliche Black Velvet Cocktail ist die flüssig gewordene Trauerfeier für einen britischen Monarchen. Und eine hedonistische Totenfeier des Otto von Bismarck.

Der Black Velvet, der eiserne Drink, der Kriegsheld unter den Drinks … aber beginnen wir am Anfang. Der Black Velvet ist ein Biercocktail, der zum ersten Mal im Jahr 1861 ins Glas gekommen ist. Er besteht aus Guinness und wird schlicht mit Champagner aufgefüllt. Die schwarze Farbe des etwas irrsinnig exklusiv anmutenden Cocktails soll an ein getragenes Trauerband erinnern. Denn geschichtet hat der Black Velvet Cocktail einen Farbverlauf von klar und durchsichtig am Boden des Glases zum typischen, tiefen Schwarz des Stouts. Dadurch hat der Cocktail tatsächlich ein etwas morbides Äußeres, einen dunklen Abgrund unter dem klaren Champagner. Obenauf gibt es dann eben noch die Schaumkrone, so dass der Mittelteil wie ein breites, schwarzes Band wirkt.*

»Ein Guinness, so schwarz wie die Sozialgesetze in Zeiten der Industrialisierung. Und Champagner, so perlend wie die Restauration.«

Entworfen wurde der Black Velvet Cocktail im Londoner Brocker’s Club, als Nachruf auf Prinz Albert, den Mann von Königin Victoria, der im selben Jahr an Typhus gestorben war. Und während in britischen Pubs die Trauer eher getrunken als getragen wurde, hat sich Bismarck, der Legende nach, so sehr über das Ableben des Prinzen gefreut, dass er den Black Velvet Cocktail zu seinem Lieblingsdrink machte. Ein Drink, der mit etwas Phantasie übrigens tatsächlich ganz gut zum Urdeutschen Bismarck passt: ein Guinness, so schwarz wie die Sozialgesetze in Zeiten der Industrialisierung. Und Champagner, so perlend wie die Restauration. Wie gesagt: mit viel Phantasie.

Nun ist die Vorstellung vom Guinnessschaum im Schnauzbart des eisernen Kanzlers eine, die man kaum ohne Schmunzeln aushält. Überhaupt, Bismarck beim Genuss … das ist wie Merkel beim … ja, auch beim Genuss.

»Folgen Sie meinem Rate und meinem Beispiel, trinken Sie eine Flasche Champagner und essen Sie ein paar Dutzend Austern dazu, und ich bin überzeugt, daß Ihnen die Weltlage sofort in einem weit rosigeren Lichte erscheinen wird.« — Otto von Bismarck, 1860

Black Velvet Cocktail

Zutaten

½ Teil Stout (Guinness)
½ Teil Champagner

Genießen kann den Black Velvet Cocktail allerdings nicht jeder. Denn etwas eigen ist er schon, der Geschmack. Für wen sich die Kombination so köstlich anhört wie Sägespäne mit fettarmen Joghurt, für den gibt es glücklicherweise ein paar Alternativen. Da wäre zum Beispiel der „Poor Mans Black Velvet“, bei dem der Champagner durch Cider ersetzt wird. Und wer nicht arm genug ist für den Poor Mans Black Velvet, der kann den Champagner einfach separat trinken, davor, dazu und danach. Besonders delikat ist aber der „Midnight Velvet“: Bei dieser Rezeptur, für die der Redaktion leider keine weiteren Entstehungsmy-then vorliegen, werden in einen Pint Guinness etwa 4cl Ruby Port versenkt.

Und spätestens jetzt kann man nicht anders, als die samtene Textur des köstlichen Drinks zu genießen, vergessen der Schnurri von Bismarck, der in der Vorstellung immer etwas nach Petroleum und Pfeifentabak riecht. Und plötzlich versteht man noch ein klein wenig mehr, woher das Velvet im Namen kommt.

* Anmerkung: Der Farbverlauf gelingt beim Black Velvet Cocktail nur sehr selten, in älteren Quellen wird er jedoch erwähnt. Eine Erklärung könnte sein, dass im 19. und frühen 20. Jahrhundert meist sehr süße Champagner getrunken wurden. Diese würden eher die Voraussetzung mitbringen, sich unter dem Stout abzusetzen als die heute üblichen, trockenen Champagner.

Kommentieren