Zwischen Alpen und Agaven: Die Mixology-Verkostungsrunde im April 2023
Diesmal in unserer monatlichen Verkostungsrunde: Klub Liqueur Kaffeelikör, Los Muertos Tequila Cristalino, Mountain’s Goat Alpen Tonic, Nork Himbeer-Rosmarin Likör und Læpoca Mezcal.
Wieder ist ein Monat rum, wieder hat unser Autor Marco Beier fünf Produkte verkostet. Mit dabei sind ein Kaffeelikör aus dem Harz, ein auf Korn basierender Himbeer-Rosmarin-Likör aus Hamburg, ein Tonic aus dem österreichischen Alpen und zwei Agavenspirituosen mexikanischen Ursprungs. Und somit steigen wir direkt ein in die Verkostung.
Klub Liqueur - Whisky Orange Espresso
Der Harz ist nicht unbedingt die Region in Deutschland, die man mit außergewöhnlicher Kulinarik verbindet. Aber wie jede Region, hat auch der Harz seine kleinen Produzenten und ungewöhnliche Ideen, und feinste Spirituosen schreibt sich seit 2022 „Klub Sprit“ auf die Fahnen. Seit letztem Herbst wird hier der Klub Liqueur „Whisky Orange Espresso“ produziert und vertrieben. Whisky ist nicht nur die Basis für diesen Likör, auch beim Alkoholgehalt hat man sich hieran orientiert. Mit den 42% Vol. möchte man nicht nur Likörliebhaber ansprechen, sondern auch Freunde klassischer Spirituosen für sich gewinnen. Leider ist über die konkreten Inhalte, Zutaten und Verhältnisse nicht viel in Erfahrung zu bringen, so dass die eigenen Sinne herhalten müssen: goldbraun, aber sehr klar im Glas, eine deutliche Süße in der Nase, aber durchaus anregend und spannend. Der Kaffee kommt sofort durch, begleitet von leichten, fruchtigen Noten. Im Geschmack dann vorweg eine angenehme Süße, gefolgt von leichter alkoholischer Schärfe und angenehmen Kaffeenoten. Die Orange ist sehr verhalten und eher in der Nase als im Geschmack zu erkennen. Insgesamt ein recht stimmiger und schmackhafter Likör, wenn auch preislich nicht gerade ein Schnäppchen.
Flaschengröße: 500 ml
Alkoholgehalt: 42% Vol.
UVP: € 34,90
Vertrieb: klub-sprit.de
Los Muertos Tequila Cristalino
Agave, Agave, Agave. Gerade fühlt es sich so an, als gäbe es wirklich einen Trend hin zu hochwertigem Tequila und Mezcal. Ob sich das in Zahlen niederschlägt, sei dahingestellt, aber es ist spürbar, dass immer mehr neue Produkte auf den Markt kommen. Jetzt also auch Cristalino. In Mexiko ist dieser fassgelagerte und dann gefilterte Tequila schon seit Längerem ein Thema – und oft auch Streitpunkt. Da die Regularien recht wässrig sind und die Technik, nur die Farbe, aber kein Aroma herauszufiltern, recht komplex ist, greifen einige Hersteller wohl gern zu Zusätzen und Süßungsmitteln, um möglichst viel Aroma in die Flasche zu bekommen.
Los Muertos Spirits möchte mit hochwertigen Agavendestillaten auf den Markt kommen, und den Start macht unter anderem der Cristalino. Nach eigenen Aussagen handelt es sich um ein zwischen drei und zwölf Monaten gelagertes Destillat, dem über Filtration die Farbe wieder entzogen wurde. Weitere Zusätze sollen nicht hinzugefügt sein. Kristallklar im Glas und sehr aromatisch in der Nase. Klassische Fassnoten von Vanille, Toffee und Holz sind zu erkennen und verwirren die Sinne. Die Agave kommt gut durch, ist aber nicht übermäßig präsent. Auf der Zunge eine spürbare Süße. Durch die 35% Vol. extrem zugänglich und sehr mild. Die Viskosität fassgelagerter Spirituosen fehlt leider. Dennoch eine feine Spirituose für den Purgenuss. Um damit zu mixen, fehlen leider ein paar Prozente, aber das soll sich laut Los Muertos in naher Zukunft ändern.
Flaschengröße 500 ml
Alkoholgehalt: 35% Vol.
UVP: ca. € 46,-
Vertrieb: European Craft Club
Mountain’s Goat - Alpen Tonic Cannabis + Melisse
Wann Bubatz legal? Derzeit sieht es so aus, als würden uns demnächst weitere legale Rauschmittel den Tag versüßen. Was das mit der Verkostung hier zu tun hat? Gar nicht so viel, aber da das vorliegende Mountain’s Goat Alpen Tonic mit den Aromen von Cannabis angereichert ist, lag die Einleitung einfach zu nah.
Ein Alpen-Tonic, zuckerreduziert und chininfrei mit den Aromen von Cannabis und Melisse allerdings, und – das stellt man heraus– frei von THC. Das Tonic ist also schon legal, bevor es Bubatz wird. Das Aroma von Cannabis wird über Terpene erzeugt, flüchtigen organischen Substanzen, die Aromen transportieren. In der schicken Dose mit alpiner Optik versteckt sich eine farblose Bitterlimonade mit ansprechendem Duft. Zitrusnoten, auch Melisse macht sich schnell bemerkbar und die Kohlensäure prickelt in der Nase. Geschmacklich setzt sich der erste Eindruck unverändert fort. Kräuter, Zitrus und wirklich sehr, sehr wenig Süße ergeben ein stimmiges Tonic, sicher ein feiner Begleiter für manchen Gin oder andere Spirituosen. Auch wenn sie deutlich wahrnehmbar ist, könnte für meinen persönlichen Geschmack die Kohlensäure noch dominanter sein, aber das ist eher persönliches Befinden.
Flaschengröße: 250 ml
Alkoholgehalt 0% Vol.
UVP: € 1,99
Vertrieb: Mountain’s Goat
NORK Himbeer-Rosmarin Likör
Im Februar 2022 durfte ich in dieser Rubrik bereits den NORK Derbe Doppelkorn verkosten und mein ambivalentes Verhältnis zu Korn ad acta legen. Auf Basis des Nork Original kommt aus gleichem Hause nun ein Likör, der laut Etikett schon lang in den Köpfen der Macher war, und jetzt endlich in Flaschen gefüllt wurde. Wir gehen an dieser Stelle mal von der Idee im Kopf aus: Himbeere und Rosmarin also. Das klingt passend und nach einer Kombination, die man auch in Cocktails probieren würde. Ohne künstliche Aromen und mit sehr geradlinigem, dezentem Design, glänzt die Flasche im Regal, auch der leuchtend rote Inhalt wirkt sehr ansprechend. In der Nase dominiert der Rosmarin über leichten Himbeeraromen, Kraut und Frucht bilden eine sehr schöne Einheit, die sich auf der Zunge fortsetzt. Dezente, sehr angenehme Süße, direkt der Rosmarin und gleich darauf zarte Himbeeraromen. Sehr stimmig und sehr gut ausbalanciert. Die erste Idee, den Likör einfach mit Soda als Longdrink zu probieren, ist ein Volltreffer, aber auch in anderen Drinks mit einer kräftigen Spirituose kombiniert macht der Likör eine gute Figur.
Flaschengröße 500 ml
Alkoholgehalt: 20% Vol.
UVP: ca. € 19,80
Vertrieb: Nork
LÆPOCA Mezcal Espadín Joven
Wenn man sich im Urlaub in eine Stadt bzw. Region verliebt, kann das weitreichende Folgen haben. So zumindest klingt die Geschichte von LÆPOCA Mezcal. Aus der Begeisterung für Oaxaca und die dort lebenden Menschen erwuchs der Gedanke, eines der zentralen Elemente der dortigen Lebenslust, ausgezeichneten Mezcal, mit in die Heimat zu bringen. Auf der Homepage zum Produkt findet sich eine sehr schöne Illustration über die Herstellung von Mezcal, und das Handwerkliche wird noch einmal sehr herausgestellt. Ob durch den Einsatz von Pferd und Esel der Mezcal am Ende wirklich besser wird, sei einmal dahingestellt, der Produktromantik ist es aber sicher zuträglich.
Das Etikett wird verziert durch eine große Agavenpflanze, hält sich aber ansonsten mit Informationen weitestgehend zurück. Klar und farblos fließt die Spirituose ins Glas. In der Nase dezente Zurückhaltung. Agave ist im Vordergrund, die sonst so typischen rauchigen Noten nur am Rande zu erkennen. Auf der Zunge setzt sich dieser Eindruck fort. Ein rundes und ansprechendes Produkt, aber die Eigenschaften, die man sonst von Mezcal kennt und vielleicht erwartet, sind sehr zurückhaltend. Eher ein klassischer Einsteiger-Mezcal zum Purgenuss.
Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt 38% Vol.
UVP: ca. € 45,-
Vertrieb: LÆPOCA
Hinweis: Die Verkostung basiert ausschließlich auf redaktioneller Basis. Die Flaschen wurden MIXOLOGY für die Verkostung unentgeltlich zur Verfügung gestellt oder ungefragt zugesandt. Es erfolgt weder eine Einflussnahme auf die Bewertung, noch erfährt MIXOLOGY finanzielle Zuwendungen durch eine Veröffentlichung.
Credits
Foto: Marco Beier