Signatures von der Karte: Der „Palo Rosato“ aus dem Truffle Pig in Berlin
In unserer Rubrik „Signatures von der Karte“ präsentieren wir Drinks aus der Praxis. Cocktails, die in Bars entworfen werden und dort funktionieren, Eigenkreationen am Puls der Zeit. Diesmal: Der Palo Rosato von Vito Nicotra aus dem Truffle Pig in Berlin.
Der Palo Rosato ist die Fortsetzung eines bereits bestehenden Drinks, ein Remix, wenn man so will. Der Vorgänger hieß Palo Maldini – ein Wortspiel auf den ehemaligen italienischen Fußballspieler – und war ein Drink auf der Basis von mit Palo Santo infusioniertem Pisco. Später ist der Palo Maldini zum Palo Rosato mutiert, für den ich den Pisco mit Gin ausgetauscht habe. Er ist für die World Class entstanden, bei der ich 2023 im deutschen Finale stand, aufgrund eines Unfalls zwei Tage zuvor aber nicht teilnehmen konnte.
Palo Rosato
Zutaten
3 cl Rosé Wermut
2 cl Palo-Santo infusionierter London Dry Gin*
2 cl Verjus Avaa
1,4 cl Grapefruit-Sherbet**
2 Dashes Grapefruit Bitters (Seventh Sense)
2 Dashes Salzlösung (1 Teil Salz zu 4 Teilen Wasser)
8 cl Sodawasser
Die Challenge war damals, einen frischen Aperitifdrink zu machen. Die Basis bildet Belsazar Rosé mit seiner bittersüßen Note. Palo Santo wiederum verleiht dem Gin – wir verwenden Tanqueray Ten – ein fast tropisches, an Kokosnuss erinnerndes Aroma, ergänzt wird das durch Verjus und Grapefruit, die als Sherbet in den Drink kommt. Für Letzteres setzen wir ein Oleo Saccharum an, sprich wir vakuumieren die Zesten mit Zucker und vermengen sie danach mit Grapefruitsaft. Als Ratio verwenden wir immer zu gleichen Teilen Zucker und Zitrussaft. Aktuell ist es auch in vielen Bars angesagt, die meisten Säfte zu klären, und das tun wir auch, beispielsweise bei Passionsfrucht – aber im Palo Rosato hätte es keinen Sinn gemacht. Wir lassen die Pink Grapefruit, wie sie ist, denn sie verleiht einerseits eine neonpinke Farbe, andererseits sorgt sie für diesen Frischekick, den du mit geklärtem Saft auch verlierst.
Der Palo Rosato ist seit Tag Eins unser Topseller, vermutlich, weil er den allgemeinen Geschmack vieler Gäste trifft, gleichzeitig aber auch etwas Verwegenes hat. Das Tropenholz Palo Santo ist an sich nichts gänzlich Unbekanntes mehr, aber für viele Gäste, die nur klassische Drinks gewohnt sind, eben doch. Man kennt den Ausdruck, hat ihn schon mal gehört, verwendet Palo Santo sogar vielleicht zu Hause als Räucherstäbchen, aber in einem Drink ist es vielen noch unbekannt. Diese erfrischende Kombination aus Palo Santo und bittersüßem Wermut erinnert an eine Paloma, ein bisschen, als wenn eine Paloma und ein Spritz heiraten würden. So ist auch der Drink eine Vermählung, deutscher Wermut trifft auf englischen Gin und Holz aus Lateinamerika. Er ist somit ein bisschen Multi-Kulti und passt perfekt ins Truffle Pig. Es war für mich auch nie eine Frage, ihn als Shortdrink umzusetzen, er ist als Longdrink perfekt, so wie er ist, spritzig, aromatisch und süffig– und er fühlt sich nicht stark alkoholisch an, obwohl 5 cl Alkohol in dem Drink sind. Du kannst fünf davon trinken, ohne zu sagen: Oh Gott, ich habe so viel Alkohol getrunken.
Wir batchen etwa 50 Portionen vor, was im Normalfall für zwei Abende reicht. Das Batching machen wir mit den meisten unserer Drinks der Karte, Klassiker wie Negroni machen wir à la Minute. Unsere Karte unterteilt sich in die Kategorien Highballs, Sours und gerührte, aromatische Drinks. Der White Ferrari, der Machete und der Sicilian Coffee, eine Espresso Martini-Variante, sind dem Palo Rosato aktuell auf den Fersen – aber noch hat er die Nase vorne. Mal schauen, wie lange noch.
Aufgezeichnet von Stefan Adrian
Signatures von der Karte
Der Lucid Dreams aus dem Jigger & Spoon
Der Palo Rosato aus dem Truffle Pig
Credits
Foto: Sarah Swantje Fischer
