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Zwischen Nuss und Ananas: Die Mixology-Verkostungsrunde im Juli 2023

Diesmal in unserer monatlichen Verkostungsrunde: Freimeisterkollektiv Haselnuss Wacholder, Flor de Caña Spresso Kaffeelikör, Heimat Aperitivo, Mosel Distillers Club Tropicana Ananas und Xzens Bar Mix Essence.

 

Hinweis: Die Verkostung basiert ausschließlich auf redaktioneller Basis. Die Flaschen wurden MIXOLOGY für die Verkostung unentgeltlich zur Verfügung gestellt oder ungefragt zugesandt. Es erfolgt weder eine Einflussnahme auf die Bewertung, noch erfährt MIXOLOGY finanzielle Zuwendungen durch eine Veröffentlichung oder Verlinkung.

Gerhard Liebl, Brenner aus dem Bayrischen Wald, steht hinter dem Haselnuss Wacholder
Gerhard Liebl, Brenner aus dem Bayrischen Wald, steht hinter dem Haselnuss Wacholder

Freimeisterkollektiv Haselnuss (Wacholder)

Eigenen Angaben zufolge ist die Haselnuss eine der beliebtesten einheimischen Spirituosen. Kaum zu glauben, dass neben der Herstellung von Brotaufstrich noch ausreichend Material zur Verfügung steht, um daraus Geistreiches zu destillieren. Verkostet man einmal quer durch das Angebot, begegnet einem das Frühstück der Nationalmannschaft auch aromatisch oft genug im Glas. Ein Umstand, dem man sich beim Freimeisterkollektiv entgegenstellen mag, und das selbsterklärte Ziel ausgibt, eine „erwachsene“ Variante anzubieten.

Gerhard Liebl, der Brenner aus dem Bayrischen Wald, hat sich dieser Aufgabe gestellt, und das Ergebnis ist beachtlich. Weizendestillat als Basis wird mit piemonter Haselnüssen, Vanille, Kakao und nicht zuletzt einem guten Schwung Wacholderbeeren in der Brennblase aromatisiert. In der Nase zeigt sich der Wacholder als erstes, macht aber sofort Platz für die Haselnuss, die ihre volle Dominanz ausspielt und von Vanille und Kakao bestenfalls flankiert wird. Auf der Zunge dann das gewohnt Außergewöhnliche. Ohne den üblichen Zuckerzusatz kann sich die Haselnuss wunderbar entfalten und bringt ihr volles Aroma zur Geltung. Auch hier dient der Wacholder eher als aromatisches Bett und Vanille und Kakao runden bestenfalls ab. Das Konzept des „erwachsenen“ Haselnussgeists geht vollends auf, und man wünscht sich, dass man den Geist auch als Brotaufstrich bekommen könnte.

Flaschengröße: 500 ml
Alkoholgehalt. 41,5 % Vol.
UVP: / Flasche: € 23,-
Vertrieb: Freimeisterkollektiv

Flor de Caña Spresso Kaffeelikör

Ich werde keine Gelegenheit auslassen, Dave Grohl zu zitieren. In diesem Fall: „Fresh Pots!!!“ Wer den Zusammenschnitt des Kaffeesüchtlings nicht gesehen hat, sollte dies schleunigst nachholen, und sich dann kaffeetechnisch auf Likör verlagern. Hier bietet das gut sortierte Regal mittlerweile einiges an Auswahl, unter den neuen Abfüllungen findet man unter anderem den „Spresso“ von Flor de Caña. Basis ist der 7-jährige Rum, aromatisiert mit Kaffee aus Nicaragua. Co2-neutral und fair gehandelt sind schonmal Pluspunkte. Zudem kommt der Likör koffeinfrei und mit nur 120g Rohrzucker pro Liter daher – etwa der Hälfte von dem, was bei Mitbewerbern üblich ist. Den Rum erkennt man deutlich in der Nase, wird vom Kaffee allerdings hervorragend flankiert. Wer ein zweites Mal ins Glas riecht, wird Noten von Kakao und Vanille erahnen, was in der Zusammensetzung allerdings nur mäßig überrascht. Anders als der erste Eindruck am Gaumen. Sehr leicht, um nicht zu sagen „dünn“, kommt Spresso daher, allerdings nur in der Viskosität, nicht im Geschmack. Recht trocken mit fein ausbalancierter Süße und sehr intensivem, großartigen Kaffeearoma. Der Rum kommt unterschwellig durch, drängt sich aber nicht auf, und macht den Likör somit vielseitig einsetzbar. Im Espresso Martini würde ich persönlich noch mit einem Hauch Zucker arbeiten, mein persönlicher Lieblingsdrink mit Kaffeelikör, der Revolver, ist allerdings wunderbar balanciert und schreit nach mehr. Grohl würde wohl sagen: „All my life, I’ve been searching for something …“

Flaschengröße 700 ml
Alkoholgehalt: 25% Vol.
UVP: ca. € 21,-
Vertrieb: Mack Spirits

Die Basis von Spresso ist der siebenjährige Flor de Caña Rum
Die Basis von Spresso ist der siebenjährige Flor de Caña Rum
Der Heimat Aperitivo ist als Longdrink mit Tonic oder Soda eine herrliche Erfrischung
Der Heimat Aperitivo ist als Longdrink mit Tonic oder Soda eine herrliche Erfrischung

Heimat Aperitivo

Böse Zungen würden sagen, dass es endlich eine Idee gibt, was man mit dem ganzen Gin machen soll. Einen ginhaltigen Aperitivo nämlich. Die Jungs von Heimat haben jedenfalls ihrem Gin und Rum einen weiteren Kompagnon an die Seite gestellt. Der Heimat Aperitivo soll ein leichter Mixer auf der Basis von Rosé-Wein sein, der mit Gin, Orange, Johannisbeere, Ingwer und Thymian verfeinert wird.

So weit, so erfrischend. Schauen wir doch mal was der Inhalt so kann. Leuchtend rot rinnt er ins Glas, wirkt von der Farbe aber sehr natürlich und verströmt sofort einen angenehm frischen Duft. Sehr fruchtig und der Wein dominiert ganz klar, lässt der Johannisbeere aber ausreichend Platz. Sehr vielversprechend. Auf der Zunge ist der Aperitivo allerdings deutlich zahmer, als man annehmen würde. Der Wein ist weiter dominant, die Botanicals des Gin treten eher nebensächlich auf, die Fruchtnoten brauchen einen Moment, bis sie hervortreten, sind dann aber wirklich angenehm hervorstechend. Im Mix mit hocharomatischen Kalibern geht der Aperitivo ein wenig unter, als Longdrink mit Tonic oder Soda aber ist er eine herrliche Erfrischung. Mir persönlich könnte das Etikett etwas offensiver gestaltet sein, aber am Geschmack ändert das natürlich nichts.

Flaschengröße: 500 ml
Alkoholgehalt: 16% Vol.
UVP: ca. € 19,90
Vertrieb: Heimat Distillers

Mosel Distillers Club Tropicana Ananas

Andreas Vallendar hat es schon wieder getan. Bereits vor geraumer Zeit konnte er mit sehr feinen aromatischen Geistern auf sich aufmerksam machen, die nicht nur geschmacklich überzeugen konnten, sondern auch noch preislich so auftraten, dass es Spaß macht, damit zu mixen. Spaß steht auch bei den neuen Abfüllungen im Vordergrund. Waren es bisher beinahe ausschließlich heimische Früchte, die Vallendar verarbeitete, sind es nun mit Mango und Ananas wirkliche Aushängeschilder des nicht nur sprichwörtlichen „Club Tropicana“. Vorsicht, die Achtziger haben angerufen. Meiner persönlichen Vorliebe für neongelb folgend, wurde Ananas zum Verkosten ausgewählt, denn die Augen kommen beim Etikett voll auf ihre Kosten.

Der klare Inhalt der Flasche verströmt den Duft vollreifer Ananas und weckt Assoziationen an ein Eis aus meiner Kindheit, dessen Namen ich nicht mehr weiß. Eine leichte, alkoholische Schärfe schwingt mit, ansonsten ist es aber einfach pure Ananas in der Nase. Die 40% Vol. sind geschmacklich eindeutig zu erkennen und eine satte Grundlage für das ansonsten fruchtige Aroma. Die Ananas ist auf dem Gaumen deutlich zu erkennen, lässt sich aber nicht vollends einfangen. Ein wenig zu flüchtig und ohne den sonst bekannten Punch, den die Mosel Destillers gern mitbringen, muss man sich dem Club Tropicana eher behutsam nähern. Im Mix empfehlen sich eher klare Spirituosen als Partner, und ein Tropfen Zucker sollte ohne allzu viele andere Aromen daherkommen, um der Ananas genügend Raum zu lassen.

Flaschengröße 500 ml
Alkoholgehalt 40% Vol.
UVP:€ ca. 19,99
Vertrieb: Mosel Distillers

Andreas Vallendar wagt sich mit Mostel Distillers nun an exotische Früchte
Andreas Vallendar wagt sich mit Mostel Distillers nun an exotische Früchte
Xzens Bar Mix Essence kann z.B. in Hotelbars eine spannende Alternative sein
Xzens Bar Mix Essence kann z.B. in Hotelbars eine spannende Alternative sein

Xzens Bar Mix Essence - Basil Lemon Pepper

Komplexe Zutaten für die Bar werden immer selbstverständlicher. Angesichts der weiterhin angespannten Personalsituation ist dies eventuell der einfachste Schritt, um auch mit eher unerfahrenem Nachwuchs spannende Drinkkreationen anbieten zu können. Mit Xzens versucht sich nun ein Hersteller für spannende Sirups und möchte genau hier ansetzen. Interessante Geschmackskombinationen, abseits der üblichen Sorten. An dieser Stelle ziehen wir den Hut Richtung Hamburg und gratulieren noch einmal nachträglich zum 15-jährigen Jubiläum des Gin Basil Smash und knöpfen uns das Basilikum-Zitrone-Pfeffer-Sirup vor.

Ist der Moment gekommen, in dem man auf frisches Basilikum hinter der Bar verzichten kann? Das Etikett verspricht ganze Zitronen, frisches Basilikum und eine leicht pfeffrige Gewürzmischung. Farblich dominiert klar das Basilikum und auch in der Nase ist der Fokus klar gesetzt. Basilikum über allem, die Süße des Sirups sehr schön ausbalanciert mit feiner Zitrone und die Kräuternote rundet sehr schön ab. Durchaus stimmig und fein justiert. Für den klassischen Mix allerdings ein kleines bisschen zu zurückhaltend. Probiert man einen Sour mit Zitrone und Gin und dem Sirup als Zuckerersatz, ist der Basilikum durchaus erkennbar, allerdings kein Vergleich zu frischen Blättern. Dennoch für den ein oder anderen Einsatz z.B. in Hotelbars eine spannende Alternative.

Flaschengröße: 250 ml
Alkoholgehalt 0% Vol.
UVP: ca. € 6,99
Vertrieb: Bottle full of Taste

Credits

Foto: Marco Beier

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