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Inventur am 22. Januar 2023

Inventur am 22. Januar 2023 – Diageo kauft Don Papa & Cocktail Catfishing

Guten Tag – na, wie steht es mit dem Dry January? Für die einen sind gute drei Viertel der Zeit vorbei, die anderen haben die trockenen Monat ohnehin an sich vorbeiziehen ziehen. Betrachtet man aber aktuelle Wirtschaftszahlen, ist ohnehin die Frage angebracht: How low can you go? Der Low- und No-ABV-Sektor, also der Bereich für alkoholarme und alkoholfreie Drinks, ist nämlich weiterhin am Steigen und schreibt Rekordzahlen. Laut dem Institut The IWSR hat der Bereich im Jahr 2022 erstmals das Volumen von 11 Milliarden US-Dollar erreicht.

Kein Wunder, möchte man sagen, denn ob U-Bahnfenster, Social-Media-Feed oder Take-Away-Broschüre vom Supermarkt, allerorts lachen alkoholfreie Drinks verheißungsvoll und farbenfroh der Menschheit entgegen, und auch wenn viele Bartender:innen im Gespräch Zweifel äußern, wie sie sich der alkoholfreien Kategorie nähern, sprechen sie im Brustton der Überzeugung davon, dass Low-ABV groß werden wird. Und gekommen ist, um zu bleiben. Wir steigen allerdings mit jemand in die Inventur der Woche ein, der beschlossen hat, zu gehen.

Empirical geht nach New York

Empirical aus Kopenhagen war immer ein kleiner Überflieger. Das als „Empirical Spirits“ von Lars Williams und Mark Emil Hermansen gegründete Unternehmen, das in späteren Jahren den Zusatz „Spirits“ aufgab, hatte seit seinen Gründungstagen eine Ausnahmestellung; die hippen Designs, der Noma-infudierte Background der Gründer, die Mythen um den Produktionsprozess der Fermentationsgurus samt dem Verkaufserfolg Fuck Trump and his stupid fucking wall – all das stempelte die Kopenhagener Tüftler rasch zu Szenedarlings, auch wenn ihre Produkte durchaus die Gemüter spalteten. Selbst die Gründungsgeschichte vom ersten, selbst gebastelten Rotovap in der Garage bis zur Produktios-Halle in der Kopenhagener Vorstadt gehörte dazu.

Mit letzterer ist nun allerdings Schluss. Wie The Spirits Business berichtet, wird Empirical in Zukunft seine Hauptproduktion nach New York verlagern. Der Grund ist einfach: Der US-Markt ist bis dato einfach der erfolgreichste und soll ausgebaut werden. Für den gebürtigen New Yorker Williams ist der Umzug nach 14 Jahren Kopenhagen gleichbedeuteund mit einer Rückkehr in seine Heimatstadt. In Kopenhagen sollen ein R&D-Bereich sowie ein Showroom verbleiben, Mark Emil Hermansen wird in Kopenhagen bleiben.

Cocktail Catfishing? Nein. Ignoranz

Dies hier ist kein Beitrag über die potentielle Verdummungsgefahr der Sozialen Medien, er ist aber auch nicht ganz ohne Symbolkraft, was diese betrifft. Auf TikTok kursieren seit einiger Zeit Videos, die erklären, dass man in Cocktailbars abgezogen würde, da Martinigläser nicht randvoll gemacht würden. In Wahrheit würde nämlich noch der Inhalt eines zweites Glases in das Erste reinpassen, was eine absolute Frechheit und Abzocke sei – „Cocktail Catfishing“ ist der Ausdruck für das, was die selbst ernannten Aufklärer:innen ihren Follower:innen erklären.

Auch das Punch Magazine hat sich nun diesem Phänomen angenommen und erklärt in einem Beitrag, was jedem, der sich halbwegs mit Cocktails beschäftigt, klar ist: Dass diese Feststellungen völliger Humbug sind und es gute Gründe gibt, warum ein Martiniglas nicht randvoll gefüllt ist. Schon mal versucht, zwei randvolle Martinigläser auf einem Tablett zu tragen? In jedem Fall eine kleine, lesenswerte Replik auf gefährliches Halbwissen, mit dem sich der eine oder andere Bartender vielleicht ja schon rumschlagen musste.

Diageo kauft Don Papa

Es war aus Industriesicht natürlich die Nachricht der Woche: Diageo, der größte Spirituosenkonzern der Welt, erweitert sein Portfolio und kauft die Rummarke Don Papa, wie etwa Drinks International berichtete. Der Kaufpreis beläuft sich auf 260 Millionen Euro, gleichzeitig könnte Diageo je nach Performance der Marke bis 2018 noch knapp 178 Millionen Euro drauflegen, was das aktuelle Wachstumspotenzial der philippinischen Marke widerspiegelt. Denn das hat es laut kommunizierten Zahlen auch in sich. Das Super-Premium-Plus-Segment von Rum schlage für die Jahre 2016 bis 2021 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 18 % in Europa und 27 % in den USA zu Buche. Während desselben Zeitraums hätte Don Papa Rum den europäischen Markt mit einer CAGR von 29 % klar übertroffen. Grund genug also für Diageo, sich die Marke ins Portfolio einzuverleiben. Stephen Carroll, der Don Papa im Jahr 2012 gemeinsam mit Andrew John Garcia gegründet hat, soll an Bord bleiben und das Wachstum des Rums weiter begleiten. Es tut sich also was in „Sugarlandia“.

Moe Aljaff geht in den USA

Wir hatten die Vorkommnisse um das Two Schmucks-Imperium in Barcelona in zwei Inventuren bereits behandelt: Moe Aljaff ließ als geschasster Gründer seinem Unmut offen auf Social Media (und offenbar auch real am Inventar der Bar, die ihm genommen wurde) freien Lauf. Wir bei MIXOLOGY wissen nicht um die Hintergründe, ob und wie es zu dem Bruch sowohl mit seinem Geschäftspartner als auch den Investoren kam, und wollen uns keinen Spekulationen anschließen.

Fakt ist, dass Moe Aljaff sich nun offenbar die Wunden geleckt hat und neue Projekte anfasst. Und das nicht mehr in Barcelona, sondern in den USA. Aktuell betreibt er mit dem Kernteil des Teams, das ihm aus der Bar gefolgt ist, für zwei Monate eine Pop-up Bar in Miami, weitere Projekte sollen unter dem Label „The Schmucks“ folgen. Auf drei Jahre belaufe sich vorerst seine Arbeitserlaubnis in den USA, und wie die Historie des Two Schmucks beweist, lässt sich in diesem Zeitraum einiges bewegen. The Cocktail Lovers haben Aljaff eine Plattform für seine Pläne und Sicht der Dinge gegeben.

Credits

Foto: everettovrk - stock.adobe.com

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