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Inventur

Inventur am 2. August 2020 – Maxim Schulte nicht mehr im Savoy & Versicherung muss nicht wegen Covid-19-Schließung zahlen

Das Savoy Hotel in London gilt als Hort der Barkultur. Mit Ada Coleman und Harry Craddock hat man zwei der global berühmtesten Barprotagonisten in seiner Ahnenreihe, besonders das The Savoy Cocktail Book aus dem Jahre 1930 von Harry Craddock ist einer der wesentlichen Bezugspunkte der Bar-Renaissance. Besonders rühmt man sich 1889 eröffneten Hotel aber auch der Langlebigkeit der Zusammenarbeit mit seinen Bar-Chefs: Nur elf Bar-Manager haben in den 130 Jahren des Bestehens das Cocktail-Zepter geschwungen.

Der zwölfte im Bunde war der Deutsche Maxim Schulte, der erst im Juli 2018 aus dem Ritz-Carlton in Macau an die Themse gewechselt war. Im letzten Jahr stellte er seine erste Karte vor – nun ist die Zusammenarbeit bereits wieder Geschichte. In einem Instagram-Post Anfang letzter Woche verkündete Maxim Schulte, dass sich seine und die Wege des Savoy Hotels wieder trennen würden. Genaueres schreibt er nicht, aber der Wortlaut des Posts lässt keinen Zweifel daran, dass die Trennung von Seiten Schultes nun schweren Herzens erfolgt. „The reasons for me choosing to leave are personal, I could not align my vision and goals with the future structure and plans of The Savoy“, schreibt er. Wir werden die Sache weiter verfolgen.

Hard Seltzer weiter hart am wachsen

Das Gegenteil von Tradition ist Innovation, und das ist zweifellos Hard Seltzer. Der Trend zum alkoholhaltigem Low-ABV-Sprudel – wir haben darüber bereits geschrieben –, der sich von den USA aus seinen Weg bahnt, ist ungebrochen. The Spirits Business berichtet von einer Umfrage, die zum Schluss kommt, dass Hard Seltzer in den Jahren von 2020 bis 2027 weltweit jährlich um 16,2% Prozent Wachstum zulegen wird. Als Gründe werden die weiterhin starke Popularität unter der Gruppe der Millennials angegeben, sowie ein Wachstum in Kanada und Australien.

Wenig verwunderlich, dass auch Big Player wie BrewDog weiter auf Hard Seltzer setzen. Dort verkündete man nun nämlich eine neue Range, die die Geschmäcker Cactus & Lime, Crushed Black Cherry und White Peach & Mango umfasst. Die Basis dieser drei Produkte ist der hauseigene Rogue Wave Vodka, wie James Watt, Co-Founder von Brewdog, erklärt: „Anstatt wie bei anderen Hard Seltzer, setzt unsere Clean & Press Range nicht auf Fermentation, sondern ist einfach schottisches Sodawasser kombiniert mit unserem außergewöhnlichen Single Malt Vodka.“ Mit einem Wort: Skinny Bitch in Dosen.

Vertical-Farming Start-up Infarm wächst weiter

Wer letztes Jahr beim Bar Convent Berlin ins Kühlhaus der Station Berlin ging, stieß im Erdgeschoss auf eine riesige Vitrine voller grüner Pflanzen. Es war ein Indoor-Gewächshaus von Infarm, ein 2013 in Berlin gegründetes Start-up, das vertikale Gärten liefert, in denen täglich frische Pflanzen wachsen. Anvisiert war damit auch immer die Gastronomie, die mit frischen Zutaten arbeitet, darunter natürlich auch Bars – der Gedanke, stets nur eine Armlänge entfernt vom frischem Basilikum für den selbst gemachten Sirup oder den Gin Basil Smash zu sein, ist natürlich verlockend. Und ökologisch dazu.

Richtig durchgesetzt haben sich die Gewächs-Vitrinen in Bars noch nicht, wobei der Platz, den sie einnehmen, ein Grund für in notorisch an Platzmangel leidenden Bars sein könnte. Und im Moment haben Barbetreiber mit Sicherheit andere Notwendigkeiten, wie sie ihr reduziertes Kapital einsetzen, Stichwort Corona-Umrüstung. Aber an der grünen Strategie arbeiten die Vertical-Farming-Pioniere weiter. Nachdem man bereits medienwirksam Aldi beliefert, zählt man jetzt auch Kaufland zu seinen Kunden. 200 Filialen werden demnächst von Spandau aus beliefert, wie das Handelsjournal berichtet. Vielleicht kommt die gemeinsame Zeit für Infarm und Bars ja noch, wenn sich letztere nach der Coronakrise wieder anderen Dingen widmen können, als mit dem blanken, wirtschaftlichen Überleben beschäftigt zu sein.

Versicherung muss nicht wegen Covid-19-Schließung zahlen

Es ist ein herber Rückschlag für Gastronomen, die dafür kämpfen, dass ihre Betriebschließungsversicherung auch für den Fall der Corona-Schließung greift: Wie auf Tageskarte zu lesen, besteht bei einer Versicherung gegen eine Betriebsschließung „kein Deckungsschutz gegen Krankheiten oder Erreger wie Covid-19 oder Corona, wenn diese nicht ausdrücklich vertraglich benannt sind.“

Zu diesem Urteil war das Oberlandesgericht Hamm in einem Eilverfahren gekommen. Die Klägerin war Inhaberin einer Gaststätte in Gelsenkirchen und hatte von ihrer Versicherung fast 27 000 Euro eingefordert. Bereits das Landgericht Essen hatte den Antrag auf einstweilige Verfügung zurückgewiesen. Die Aufzählung der versicherten Krankheiten und Krankheitserreger in den vereinbarten Versicherungsbedingungen sei abschließend, so das Oberlandesgericht zu seiner Begründung, und bezieht sich dabei auf den vertraglichen Wortlaut der «nur die im Folgenden aufgeführten» Krankheiten und Erreger.

Trotzdem ist damit das letzte Wort noch nicht gesprochen. „Es kommt auf den Einzelfall an“, so die Vorsitzende Richterin Susanne Laufenberg vom Münchner Landesgericht, wo ebenfalls Klagen anstehen.

Negroni Week digital und mit Fundraiser-Fokus

Die Negroni Week hat sich mittlerweile als Standard in der Barszene etabliert: Teilnehmende Bars stellen eine Woche lang den Negroni in den Fokus ihrer Karte, Teile der Einnahmen werden wohltätigen Zwecken gespendet. Die ursprünglich für Anfang Juni geplante Woche wurde bereits in den September verschoben, nun wurde auch das Format geändert. Und das ist so logisch wie schlüssig: Bars sind im Moment selbst auf jede Form von Zuwendung angewiesen und nicht in der Lage, karitativ zu arbeiten. Also sollen sie selbst Nutznießer der Negroni Week sein, wie das Imbibe Magazine verkündet.

Vom 14. – 20. September wird die Negroni Week als digitaler Event stattfinden, der berühmte Dreiteiler soll in all seinen Variationen lieber zuhause genossen werden. Erstmals sollen Konsumenten online spenden, um in einer Fundraiser-Kampagne Geld für die Gastronomie zu sammeln. Wie alle, die auf digitale Events ausweichen, hofft man dann auch bei Imbibe, 2021 zum gewohnten Format der Negroni Week zurückkehren zu können.

Betrachtung des britischen „Super Saturday“

Zum Abschluss noch ein etwas älterer Blick auf den „Super Saturday“ in Großbritannien, den 5. Juli und dem Tag, an dem in England die Pubs wieder ihre Türen öffnen durften: Der österreichische Journalist und Musiker Robert Rotifer lebt schon sehr lange in Großbritannien und hat für den Radioseonder FM4 einen Beitrag geschrieben, wie er diesen Tag erlebt hat.

Dabei handelt es sich weniger um einen gastronomischen Erfahrungsbericht vor einem oder mehreren Pints, sondern um einen persönlichen, essayistischen Überblick, der die ambivalente Bedeutung von Pubs betrachtet, auf die Rückkehr illegaler Raves eingeht, die Pandemie-Strategie der britischen Regierung kritisiert und die Diskrimierung in der britischen Hauptstadt betrachtet – der aber auch darlegt, dass es eben diese Momente gibt, bei denen am Ende des Tages einfach nur ein kaltes Bier hilft. Ganz egal, ob englisches oder belgisches.

Credits

Foto: Everett Collection / shutterstock.com

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