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Da dreht sich was: Corona & das Comeback der Slushee-Maschine

Der Corona-Sommer wird ein Sommer der Cocktailfenster und To-Go-Drinks bleiben. Immer häufiger zu sehen sind dabei Slushee-Maschinen. Etablierte Bars wie das Münchner Zephyr haben aus der Not eine Tugend gemacht und drehen mächtig am gekühlten Drink. Lohnt es sich?

Sie war wohl eine Art Abschluss des Cocktail-Kreislaufes: Die Artesian Colada aus der Artesian Bar des Langham Hotels in London. Mit dieser Slushee-Version einer Piña Colada brachten die damaligen Barchefs Alex Kratena und Simone Caporale Anfang der Zehnerjahre eine Sache auf den Punkt: Das Diktum des fassgelagerten Cocktails war vorbei.

Vielleicht wäre das Echo nicht so groß und der nachhaltige Effekt nicht so stark gewesen, wäre das Artesian zur damaligen Zeit nicht viermal in Folge zur „World’s Best Bar“ gewählt worden. Zweifellos aber wurde mit dieser Piña-Colada-Variante auch die Slushee-Maschine aus dem verruchten Kreis der poppigen Achtziger in die Bar-Renaissance gehievt.

Corona & Slushee: Da wächst was zusammen

Und da blieb sie dann; aber mehr auch nicht. Akzeptiert, aber nicht unbedingt gefeiert. Ein Bankdrücker, der mal für ein entscheidendes Tor eingewechselt worden war, um dann wieder auf die Ersatzbank verbannt zu werden. Ausnahmen waren Gastronomien wie das 2012 eröffnete Chicago Williams in Berlin, die ihre Slushee-Drinks zu einem Signature machten. Im Großen und Ganzen aber blieb ein Slushee eben doch ein Slushee, verhaftet im Image einer süß-klebrigen, in künstlichem Aroma ertränkten Jahrmarktattraktion.

Und dann kam Corona. Bars mussten schließen, reagierten jedoch rasch mit Lieferdiensten und To-Go-Fenstern. Und an letzteren sah man bald immer häufiger diese vertraut bunten Kammern einer Slushee-Maschine: bunt, poppig und mit Zapfhähnen, die gedrückt werden wollten.

„Unter den aktuellen Auflagen war klar, dass ich das Zephyr weder wirtschaftlich öffnen noch das Erlebnis bieten kann, wofür die Bar steht. Damit würde ich mehr Gäste unglücklich als glücklich machen“, beschreibt Lukas Motejzik. „Slushees sind perfekt für den Augenblick: Sie sind schnell zubereitet. Es gibt ja an einem To-Go-Fenster keine Zeit, einen Drink zu erklären. Gäste müssen den Drink auch nicht verstehen, er muss nur glücklich machen.“

Slushee vorne, Lukas Motejzik hinten
Fünf verschiedene Slushees bietet das Zephyr an

Die Konsistenz der Dinge

Und glücklich macht er natürlich über die Qualität. Im Unterschied zu ihren Vorgängern sind die Slushees 2.0 ein fein austariertes Aromenspiel. Damit kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Den Gästen ein hochwertiges To-Go-Geschäft bieten, während man die Vorräte im Keller und Kühlschrank, die ansonsten Ladenhüter wären oder im schlimmsten Falle verderben, in den Slushee-Rachen wirft.

„Mittlerweile verstehen wir die Maschinen auch ganz gut. Am Anfang standen wir da und meinten: ‚Warum gefriert die eine, während sich bei der daneben zwei Stunden lang nichts tut?‘“, so Lukas Motejzik. „Es verdeutlicht einem auch, wie die Herstellung von Eiscreme funktioniert, wie sich Zucker zu Alkohol, Wasser zu Fettanteil verhält. Mango hat etwa eine völlig andere Konsistenz als Erdbeere. Wir lernen da ständig dazu.“

Fünf Maschinen à einem Fassungsvermögen von je zehn Litern bedienen sie aktuell in der Slusheria fka. Zepyhr, zwei weitere Maschinen werden in Kürze erwartet. An einem optimal sonnigen Wochenendtag, an dem die nördlichste Stadt Italiens zum Flanieren hinausstrebt, verkauft Motejzik so schon mal 100 Liter Slushee. „Ein weiterer Vorteil: Ein Spritz-To-Go hat seine Kohlensäure schon verloren, wenn du deinen Platz erreicht hast. Ein Slush bleibt konstant. Auch wenn er schmilzt, ist er immer noch kalt.“

Auch das Rotkehlchen slushed

Etwas weniger Maschinen kurbeln im Rotkehlchen in Münster für Marie Rausch. Sie bedient zwei Geräte mit je 5 Litern, diese sind freitags und samstags bei gutem Wetter in Betrieb. „Dann sorgen sie aber auch für einen Drittel des Umsatzes. Die Leute sind überrascht, dass es auch Slushees in guter Qualität gibt“, so Marie Rausch.

Sie selbst habe sich erst „reinfuchsen müssen“ in die Materie, gibt sie zu, vor allem ausprobieren, wie der Brix-Wert, also der Zuckergehalt, Einfluss nimmt auf die Konsistenz des fertigen Slushees. Ein Brix bedeutet, dass 100 Gramm einer flüssigen Lösung 1 Gramm Zucker enthalten. „Wir stellen unsere Slushees auf ein Maß von 13 Brix ein. Auf diese Weise wird der Slushee nicht zu fest. Man will ja nicht, dass die Oberfläche noch pures Eis ist, während der Drink darunter weg ist. Wir wollen Aromabomben.“

So eine nennt sich bei ihr etwa Cosmic Garden, bestehend aus 3 cl Mezcal, 3 cl Chambord, 3 cl Guavenpüree, 3 cl Limettensaft (gut gefiltert, um die Slushee-Maschine gut reinigen zu können), 3 cl gerösteten Kokossirup und 3 cl Red Bull Cola.

Richtig verstanden? Cola? Kohlensäure? „Ja, durch solche Filler bekommt der Slushee eine Tiefe. Tatsächlich versuchen wir sogar, die Kohlensäure beim Batchen rauszurühren“, so Marie Rausch, die überzeugt ist: „Die Slushee-Maschine wird bei uns definitiv den ganzen Sommer überdauern.“

Skepsis in Bamberg

Auf etwas weniger Euphorie trifft man bei Sven Goller in Bamberg. Die Ursache ist aber durchaus auch technischer Natur: „Ich habe das zweimal probiert, jedes Mal sind mir gleich drei Liter ausgelaufen“, so der Betreiber des Das Schwarze Schaf lakonisch.

Der wahre Grund, warum er in seinem To-Go-Geschäft auf Slushee verzichten will, liegt woanders: „Ich möchte auch wegen Corona keine Kompromisse machen bei den Dingen, von denen ich mich verabschiedet habe, wie etwa Plastiktrinkhalme. Slushees-To-Go funktionieren ja schlecht mit Edelstahl- oder Glashalmen“, so der nationale Gewinner der Diageo World Class 2017. Nichtsdestotrotz sieht er schon die Vorteile des dauerschnurrenden Kühlgeräts. „Bei einer Veranstaltung ist es von Vorteil und macht auch Spaß. Die Person, die sie bedient, muss auch nicht fachlich versiert sein. Aber letztlich bleibt es so: Es ist einfach nicht meine Drink-Kategorie. Die Leute erwarten von uns etwas anderes.“

Slush Hour im Zephyr

Auch Lukas Motejzik, sozusagen immer noch frischgebackener Sieger der deutschsprachigen Bacardi Legacy Competition 2020, hat sich seinen Sommer anders vorstellt. Seinen Siegerdrink El Rey am Strand von Miami präsentieren und schlürfen, beispielsweise.

Im Augenblick aber batched er einen Miami Vice, eine Slushee-Symbiose aus Piña Colada und Erdbeer Daiquiri. „Ich bin eigentlich von Bill Fehn aus dem Jaded Monkey auf die Idee der Slushees gebracht worden. Er meinte, in New Orleans gäbe es Slushee-To-Go-Bars, wo man sich die Drinks selbst zusammenstellen kann wie an einem Salatbuffet.“

Standortentscheidung Slushee

Das kann man bei ihm im Zephyr nicht. Die Rezepturen der Drinks liegen natürlich in den Händen der Bartender. Schließlich liegt darin auch der ökonomische Vorteil der Slushees: eine hohe Planbarkeit und Haltbarkeit bei geringerem Waren- und Arbeitseinsatz.

Aber Aromenspiel hin oder her, auch im Zephyr zeigt sich, wie in Zeiten von Corona der Standort über Konzept oder Nicht-Konzept, über Glück und Unglück, über Slushee oder Nicht-Slushee entscheidet. „Wir haben das Glück, dass wir uns 200 Meter von der Isar entfernt befinden. Manche unserer Stammgäste gehen zwei Stunden spazieren und holen sich im Laufe eines Abends drei Drinks“, so Lukas Motejzik.

Ein Grund mehr, der nördlichsten Stadt Italiens viele laue Sommernächte zu wünschen.

Credits

Foto: Porträt: Marvin Koch; Lukas Motejzik

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