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Die wöchentliche News-Inventur

Inventur am 12. November 2023 – US-Spirituosenmarkt schrumpft leicht

Alaaf und Hel…, ach nein, lieber nicht. Unser Magazin hat seinen Sitz zwar inzwischen seit knapp vier Jahren in der Pfalz und damit im engeren Einzugsgebiet des rheinischen Karnevals, aber die Berliner Wurzeln lassen sich nicht verleugnen. Insofern wünschen wir all jenen, die gestern die närrische fünfte Jahreszeit eingeläutet haben, dass der Kater nicht zu grässlich ist. Viel mehr interessiert uns aber natürlich, dass die Bar-Saison jetzt so richtig und echt in vollem Gange ist. Offensichtlich durften sich auch einige Angehörige der deutschsprachigen Szene Anfang der Woche noch einmal die mediterrane Wärme ums Näschen wehen lassen, als in der griechischen Hauptstadt die Athes Bar Showüber die Bühne ging.

Nun sind alle Bartender:innen wieder daheim und in der näheren Ferne warten schon die ersten Weihnachtsfeiern – traditionell ein zweischneidiges Schwert für Bars, dem wir uns vor knapp zehn Jahren bereits in einem damals heiß diskutierten Beitrag gewidmet haben. Wie sind Ihre Erfahrungen mit Weihnachtsfeiern? Sind Bars ein geeigneter Ort dafür? Wir freuen uns auf Ihre Anekdoten und Erfahrungen unter [email protected]. Und jetzt schauen wir auf die News der Woche!

Nur „Ultra-Premium“ legt zu: US-Spirituosenmarkt schrumpft

Einen ungewohnten Dämpfer scheint der US-amerikanische Spirituosenmarkt erhalten zu haben: Wie eine Analyse des Marktforschungs-Giganten Nielsen IQ ergibt, ist der Umsatz im weltweit noch immer wichtigsten Schnaps-Markt zwischen September 2022 und 2023 um rund 3,3% zurückgegangen.

Betroffen sind davon auch sehr einwohnerstarke Bundesstaaten wie Kalifornien und Texas. Die einzige Kategorie, die zaghaft zulegen konnte, ist demnach Gin, während Segmente wie Whiskey, Vodka und sogar die Boom-Kategorie Tequila Verluste hinnehmen mussten. Ein Kuriosum, das die These Luxus geht immer untermauert, ist der Umstand, dass einzig der „Ultra-Premium“-Bereich (von Nielsen definiert per Flaschenpreis von mehr als 50 US-$) um 3,5% wachsen konnte. Dazu passt auch die Einschätzung eines Nielsen-Mitarbeiters, nach der insbesondere die Mittelschicht aktuell hohem finanziellen Druck ausgesetzt sei und daher ihr Konsumverhalten leicht überdenke. Den vollen Überblick und weitere Zahlen gibt es bei The Spirits Business.

Wie der Krieg im Nahen Osten auch die Kulinarikszene entzweit

Zu den schlimmen Geschehnissen im Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas werden Sie in unserem kleinen Fachmagazin sonst keine Berichterstattung finden. Das können andere Leute besser. Zum Beispiel die New York Times. Dort fand sich diese Woche  ein mehr als lesenswerter und sehr trauriger Beitrag dazu, wie sich auch die nordamerikanische Kulinarik-Community aufgrund des aktuellen Krieges spaltet.

Im Zentrum der detaillierten Reportage von Kim Severson steht die (nun wohl frühere) Freundschaft zwischen der palästinensischstämmigen Kochbuchautorin Reem Kassis und dem in Israel geborenen Koch und Gastronom Michael Solomonov. Von dort ausgehend beleuchtet die Autorin kenntnisreich zwei Dinge: Erstens beschreibt sie, wie stark der aktuelle Konflikt in der Restaurantszene zwei Lager entstehen lässt. Zweitens wird thematisiert, dass es schon lange Streitigkeiten darüber gibt, inwiefern die heute als „israelisch“ wahrgenommeen Küche sich ursprünglich arabische Kochtraditionen kulturell angeeignet habe. Ein hochinteressanter Beitrag.

William H. Macy macht Whiskey mit seinem Nachbarn

Zugegeben: Das wäre mal ein Celebrity-Schnaps, den wir kaufen würden. Gar nicht unbedingt, weil William H. Macy ein Schauspieler von außerordentlichem Format wäre, sondern allein wegen der Produktionsumstände. Denn wie u.a. Whiskey Raiders diese Woche berichtete, geht der Charakterdarsteller der gefeierten TV-Serie Shameless einen anderen Weg als die meisten seiner Kolleg:innen aus Hollywood – und zwar in seiner Wahlheimat Colorado.

Macy nämlich hat einen echten Bezug zur Woody Creek Distillery, wo sein Rye Whiskey in Bottled-in-Bond-Stärke entsteht. Genauer gesagt: Macy und seine Frau Felicity Huffman sind unmittelbare Nachbarn der Brennerei, deren Betreiber Mark Kleckner in der Vergangenheit schon Kartoffeln auf dem Grundstück von Macy anbauen durfte. Daher sagt Kleckner über die Zusammenarbeit mit Macy auch ganz klar und mit Blick auf die Spirituosen „von“ anderen Berühmtheiten: „This is not a hired gun.“ Zu haben ist der Rye mit einer Mash Bill aus stattlichen 80% Roggen und 20% Gerstenmals lediglich in Teilen der USA zu einem Preis von 200 US-$.

Einfach einen Drink für den Date-Partner ordern? Bitte nicht!

Die Dating-Kultur hat sich im Lauf der Jahrzehnte verändert. Diese nicht schwierige Beobachtung stellt auch Joanna Sciarrino diese Woche ihrer Kolumne bei VinePair voran. Damit einher geht aber auch, dass man bestimmte Rituale aus früheren Zeiten eventuell überdenken oder besser noch: gleich über Bord werfen sollte.

Konkret geht es um die Frage, ob es noch angemessen sei, seinem Date-Partner oder seiner Date-Partnerin einfach einen Drink zu bestellen. Was Sciarrino in ihrem Text ein wenig vergisst zu betonen ist zwar, dass in dieser Konstellation in vergangenen Zeiten wohl meist der Mann einfach einen Drink für seine Begleiterin bestellt hat. Ihr Urteil ist dennoch zu präzise wie unseres: Grundsätzlich hat jede Person selbst zu bestellen, alles andere ist Bevormundung. Zwar gebe es Ausnahmen, die die Autorin auch klar anspricht. Aber generell sollte das Zeitalter des Über-den-Gaumen-Fahrens beim Rendezvous vorbei sein. Hier zum Nachlesen.

Credits

Foto: everettovrk - stock.adobe.com

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