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Inventur am 29. Dezember 2019

Inventur am 15. August 2021 – Jeff Morgenthaler mit neuer Kritik an der Industrie

Ihnen ist es vielleicht auch schon aufgefallen: In den letzten Monaten haben wir uns an dieser Stelle, also in unserem News-Wochenrückblick, mehrfach mit dem Thema „Celebrity Tequila“ befasst. Denn fraglos ist Tequila derzeit das, was vor rund 20 Jahren Vodka war. Die Gattung boomt, vor allem natürlich im Mega-Markt USA, wo die Premiumisierung der Kategorie schon sehr weit vorangeschritten ist. Spätestens seit George Clooney gemeinsam mit seinen Geschäftspartnern die Marke Casamigos für rund 1 Milliarde Dollar an den Diageo-Konzern verkauft hat, scheint es sehr viele Superstars aus Sport und Unterhaltungsbranche zu geben, die auf einmal ein gewaltiges Interesse an teurem Agavenbrand haben. LeBron James, Rita Ora, Kendall Jenner und Dwayne „The Rock“ Johnson sind nur einige wenige aus dieser Riege.

Anders als damals beim Vodka führt das aber auch zu Problemen: Denn während jener praktisch überall auf der Welt aus zahlreichen Rohstoffen herstellbar ist, sind die Kapazitäten beim Tequila durch das Ausgangsprodukt Agave und die geschützte Herkunftsbezeichnung stark begrenzt. Das enorme Wachstum, das auch durch die Celebrity-Marken befeuert wird, stellt das System Tequila vor große Herausforderungen. Kritische Stimmen werden lauter. Dabei geht es nicht nur um den Geschmack und die Qualität vieler Produkte, sondern auch um Fragen der Biodiversität, Monokulturen, Umweltschutz und ebenso um soziopolitische Fragen. Das Thema drängt. Für unser Oktoberheft werden wir der Sache umfassend auf den Grund gehen. Bleiben Sie also gespannt! Vertreiben wir uns indessen heute wieder wie gewohnt die Zeit mit einem Blick auf die News und Themen der barkulturellen Woche.

Jeff Morgenthaler übt erneut Kritik an Spirituosenfirmen

Auf Jeff Morgenthaler ist Verlass. Der Bartender und Autor aus Portland, der inzwischen seine beiden Bars aufgrund der Pandemie verloren hat, gehörte nicht nur vor rund 15 Jahren zu den wichtigsten Innovatoren und Multiplikatoren der internationalen Szene, er ist bis heute einer der renommiertesten und reflektiertesten Kommentatoren der Branche und bringt immer wieder wichtige Themen aufs Tableau. So auch im neuesten Beitrag auf seiner Website.

Diesmal ist es der zweite Teil einer Mischung aus Diskussion und Beschwerde über das Verhalten der großen Spirituosenkonzerne. Bereits 2019 hatte Morgenthaler in einer Art offenem Brief bestimmte Praktiken der „Großen“ im Umgang mit der Barszene öffentlich kritisiert. Diesmal spricht er den Umstand an, dass Firmen und Marken immer wieder auf Signature Drinks von Barleuten zurückgreifen, um sie für ihre eigene Marketingkommunikation zu verwenden – ohne Kenntlichmachung des Rezept-Ursprungs. Und dabei geht es noch nicht einmal um Geld, sondern um Anerkennung. Ein wie immer sehr transparenter und durchdachter Beitrag von einem der aufrichtigsten Protagonisten unserer Community.

Zornige Gäste als Konfliktherd für die Gastronomie?

Die Woche in den Nachrichten war bestimmt von den neuen Corona-Beschlüssen der Regierenden. Ein zentrales Thema dabei: Das Ende der kostenlosen Bürgertests, die derzeit noch flächendeckend im gesamten Bundesgebiet verfügbar sind. Ab 11. Oktober soll damit Schluss sein. Die Begründung der Politik? Schließlich sei davon auszugehen, dass demnächst jedem Bürger ein Impfangebot gemacht sein werde. Wer dieses jetzt nicht annehme, dürfe langfristig nicht erwarten, ein Recht auf Tests zu besitzen, die auf Kosten des Steuerzahlers durchgeführt werden.

So nachvollziehbar diese Argumentation sein mag, stellen die Konsequenzen doch viele Wirtschaftszweige vor erneute Herausforderungen. Die Kollegen von Spiegel Online haben dazu Stimmen aus unterschiedlichen Branchen eingeholt. Auch zur Gastronomie gibt es Einschätzungen. Eine wichtige Befürchtung: Problematisch könnten weniger ausbleibende Gäste sein, sondern vielmehr jene, die im laufenden Geschäft für Streit und Unmut sorgen, weil sie ungetestet das Lokal nicht betreten dürfen. Doch lesen Sie selbst.

Getränke-Riesen ganz vorn in Sachen Packungsmüll

Da helfen auch zahlreiche Kampagnen zu Buzzwords wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit nicht: Die großen Getränkehersteller gehören in erschreckender Deutlichkeit zu den wichtigsten Produzenten von Verpackungsmüll. Dies ergibt zumindest die „Million Mile Clean 2021“-Aktion, die der Verein SAS in Großbritannien durchgeführt hat. Für die Maßnahme sammelten knapp 4.000 Freiwillige in rund zwei Wochen Abfälle an britischen Stränden.

Das Resultat: Beinahe zwei Drittel aller zusammengetragenen Abfallgegenstände lassen sich der erstaunlich geringen Anzahl von 12 Unternehmen zuordnen. Und unter diesen Firmen stellen wiederum Getränkehersteller mit 6 Positionen den Großteil, wie The Spirits Business berichtet: Neben Spitzenreiter Coca-Cola finden sich außerdem dessen Konkurrent Pepsi, der Spirituosenmulti Beam-Suntory sowie die Brauereikonzerne Heineken, AB InBev und Carlsberg. Und die restlichen Umweltsünder? Schauen Sie doch mal rein.

Michelada weltweit

Sie hat in den letzten Jahren immer mehr Freunde gefunden: die Michelada. Auch unser in Mexiko lebender Autor Airen hat der Mischung aus Bier, Zitrussaft, Gewürzen und allerlei möglichem Beiwerk schon vor längerer Zeit mit einem ausgiebigen Artikel gehuldigt. Vor allem das erstarkende allgemeine Interesse an mexikanischer Kulinarik hat diesem – neben Margarita und Paloma – weiteren Nationalgetränk des mittelamerikanischen Landes einen ordentlichen Boost gegeben.

Doch warum das Prinzip nicht auch weiterdenken über die Grenzen typisch mexikanischer Zutaten hinaus? Schließlich darf man die Michelada gut und gern als generelles Prinzip für eine Art von Biermischgetränk begreifen. Das findet auch Punch-Autorin Tatiana Bautista, die in ihrem Beitrag von Mitte dieser Woche einige Beispiele dafür bündelt, wie die Funktionsweise der Michelada auch mit anderen kulinarischen Traditionen verschmolzen werden kann. Ob Yuzu, Tamarinde, Meerrettich, Papaya, Sojasauce oder Kokosnuss – da geht noch was. Gerade an einem Sonntagnachmittag im Sommer. Prost!

Credits

Foto: Everett Collection – shutterstock.com

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