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Erik Lorincz im Gespräch über die Neueröffnung seiner Bar Kwant

Erik Lorincz im Interview über die schwierigste Phase seiner Karriere: „Das Kwānt lebt.“

Seine kurz zuvor eröffnete Kwānt Bar wurde ein Opfer der Coronapandemie. Aufgeben aber kam für ihn nie in Frage: Erik Lorincz wird im Herbst an einem anderen Standort in London neu eröffnen. Im Interview spricht er über schwierigste Zeit seiner Karriere und erklärt, was man im und vom neuen Kwānt erwarten darf.

Es waren auch für Erik Lorincz keine einfachen Zeiten. Nachdem der Strahlemann mit dem stets weißen Jackett 2019 nach langer Planung seine erste eigene Bar eröffnete, ereilte auch ihn der Schrecken der Coronapandemie und ihre Folgen: sein Kwānt musste schließen. Ein gemeinsamer Mietvertrag mit einem Restaurant, das aufgeben musste, zwang ihn zu diesem Schritt.

An ein Weiterleben seiner Bar und ihrem Konzept hat er jedoch immer geglaubt, und im Herbst diesen Jahres wird es so weit sein: Das Kwānt übersiedelt von der Heddon Street in die Stratton Street in den Stadtteil Mayfair. In einem Interview in seinem Pop-up Kwant by the Sea im Me Hotel auf Ibiza blickt Lorincz zurück – und erklärt, was man im neuen Kwānt erwarten darf.

MIXOLOGY: Erik, du hast die Kwānt Bar 2019 kurz vor Beginn der Pandemie eröffnet und lange daraufhin gearbeitet. Was geht in einem vor?

Erik Lorincz: Es war eine böse Überraschung. Wir alle sind in etwas völlig Unbekanntes gestoßen worden. Ich dachte, das wird sechs, vielleicht neun Monate dauern und ich hoffte, dass wir bald zurück sein werden. Doch als uns die Welle überrollte, im Speziellen in England stiegen die Zahlen Ende 2020 sehr hoch an, war alles wirklich extrem beängstigend. Wir waren zuhause und konnten die Bar nicht öffnen und auch nicht einmal im Entferntesten daran denken. Alles stand still. Wir waren geschockt, was wir in den Medien und um uns herum gesehen haben, unsere Nachbarn und viele andere sind gestorben. Es war gruselig, und wir dachten alle schlichtweg ans Überleben. Erst langsam konnten wir wieder, allerdings mit vielen Restriktionen, öffnen.

»Es war extrem schwierig für uns, weil wir unseren Gästen das Essen aufzwingen mussten. Einige willigten daraufhin ein, haben aber die Gerichte folglich nicht einmal angerührt, sondern nur die Drinks konsumiert.«

— Erik Lorincz

MIXOLOGY: Damit meinst du den Sommer 2020?

Erik Lorincz: Ja, im Juli vor zwei Jahren. Da dachten alle, es sei vorbei, und jeder konnte wieder tun, was er wollte. Aber im Herbst erreichte die Welle dann ihren Höhepunkt und alles wurde wieder geschlossen. Danach waren Öffnungen nur unter gravierenden Restriktionen mit früheren Schließzeiten und Social distancing möglich. Alle Bars mussten um 22 Uhr schließen. Das waren schwierige Zeiten für uns, denn wir öffnen um 17 Uhr. Nach wenigen Wochen haben wir begriffen, das ist mit dem Wesen einer Bar nicht machbar. So mussten wir früher öffnen. Aber es war eine Herausforderung, denn nicht immer gab es gute Tage.

MIXOLOGY: Es ist nicht eben nicht das Motto einer Bar, früh zu öffnen und zu schließen?

Erik Lorincz: Richtig, vor allem nicht in einer Bar im Untergeschoss ohne Fenster. Zudem vermieden viele Menschen, auszugehen oder sich auf öffentlichen Plätzen zu treffen. Social Distancing war das große Thema und in einer kleinen Bar wie unserer nur schwer umzusetzen. Das hat auch finanziell absolut nicht funktioniert. Wir hatten schon immer Essen serviert, aber zu dieser Zeit mussten wir die Gäste praktisch dazu anhalten, bei uns zu essen. Die Gäste aber wollten explizit nur einen Drink genießen, und die meisten von ihnen hatten bereits gegessen. Es war extrem schwierig für uns, weil wir ihnen das Essen aufzwingen mussten. Einige willigten daraufhin ein, haben aber die Gerichte folglich nicht einmal angerührt, sondern nur die Drinks konsumiert. Das waren wirklich schwierige Momente.

MIXOLOGY: Hattet ihr Cocktails to go?

Erik Lorincz: Wir besaßen damals keine Lizenz für ein Take Away-Geschäft, aber wir hatten Bottled Cocktails wie Sazerac, die wir auch online verkaufen konnten und auch heute noch verkaufen. Gleich in der Nähe befindet sich ein Wine & Spirits-Laden, der diese weiterhin – wie einige wenige andere Läden – noch anbietet. Ein Millionär wird man damit nicht, aber die Herstellung von Bottled Cocktails war eine mentale Stütze, damit proaktive Menschen wie Bartender nicht zuhause rumsitzen mussten. Es ging eher darum, Zeit totzuschlagen, brachte ein wenig Geld ein, um finanziell und mental zu überleben und an das zu glauben, was du gerne machst. Zudem hatten wir einmal pro Woche ein Online-Team-Meeting, oft in Zusammenarbeit mit Masterblendern oder Markenbotschafter:innen, bei dem wir gemeinsam an Rezepten gearbeitet und uns ausgetauscht haben, um uns bei Laune zu halten.

MIXOLOGY: Wie stand es um deine mentale Beschaffenheit?

Erik Lorincz: Wie überall war die ganze Zeit sehr unsicher, es gab keine Sicherheit, keinen langfristigen Plan, es war ein ständiges Auf und Ab, eine extrem verunsichernde Zeit. Es wurde uns nicht gesagt, was wann passieren wird und kann. Ich habe immer an ein Reopening geglaubt, aber ich wusste nicht, wann es sein würde. Ich wusste, dass wir irgendwann wieder zur Normalität zurückkehren werden, aber in keiner Weise wann. Wir sind von einem halben Jahr ausgegangen, dann war es plötzlich ein Jahr. Als wir unter Restriktionen wieder öffnen konnten, konnten wir ohne Terrasse keinen Outdoor-Service bieten. Wir konnten unsere Bar nicht in gewohnter Form betreiben und unserem Beruf nachgehen. Das wirft dich meilenweit zurück. Ich habe mich oft gefragt, ob wir das schaffen und wie es weitergehen wird. Aber ich habe ein gutes Ende geglaubt.

»Die gesamte Miete zu übernehmen, wäre für mich nicht tragbar gewesen. Letztlich mussten wir verkünden, zu schließen.«

— Erik Lorincz

MIXOLOGY: Doch letztlich musste das Kwānt schließen …

Erik Lorincz: Ja, das mussten wir, weil das Restaurant Momo über unserer Bar diese Zeit nicht überstanden hat. Der gemeinsame Mietvertrag nämlich bezog sich auf die Räumlichkeiten unserer beider Einrichtungen. Sie haben es nicht geschafft, und so konnten auch wir nicht weiter operieren. Das war vergangenes Jahr im Oktober nach meinem Sommer-Pop-Up in Dubai, als wir dachten, wieder zur Normalität zurückkehren zu können. Doch dann hat das Restaurant seine Schließung bekannt gegeben. Das hat mich mehr geschockt als die Wochen und Monaten zuvor. Ich habe mich gefragt: Was machen wir jetzt?

MIXOLOGY: Beides zu betreiben war keine Option?

Erik Lorincz: Die gesamte Miete zu übernehmen, wäre für mich nicht tragbar gewesen. Letztlich mussten wir verkünden, zu schließen. Der Plan war dann, so lange Pop-Ups zu machen, bis wir eine neue Location gefunden haben würden. Wir hatten zwar einen neuen Standort in Aussicht, aber es war noch kein Vertrag unterzeichnet. Ich war in Dubai und habe an dem Prozess gearbeitet, das Kwānt wieder eröffnet zu sehen. Es war ein einziger Rollercoaster.

MIXOLOGY: Aber nun gibt es eine neue Location?
Erik Lorincz: Ja. Das Kwānt wird von der Heddon Street in die Stratton Street übersiedeln und im Oktober oder November eröffnen, nachdem meine Saison im Me Hotel in Ibiza zu Ende gegangen ist. Der Vertrag wurde erst kürzlich unterzeichnet. Das Kwant lebt!

»Wir beziehen in Mayfair in nahezu gleicher Größe eine Bar im Erdgeschoss mit großen Fenstern und hohen Decken, was wir zuvor nicht hatten. Es wird viel Licht einfließen. Wir nähern uns betrieblich auch dem Daytime-Geschäft.«

— Erik Lorincz

MIXOLOGY: Kann man sagen, mit einem blauen Auge davon gekommen?

Erik Lorincz: Ich hoffe, das Glück bleibt an unserer Seite, und ich will und werde daran glauben. Alles in allem waren die vergangenen Jahre und die jüngsten Ereignisse beruflich gesehen die härteste und schwierigste Zeit meines Lebens. Wir wurden alle überrollt. Man kann nämlich noch ein so guter Unternehmer oder Barmanager sein, aber die Krise, die unsicheren Phasen mit den Lockdowns und Restriktionen, das konnte niemand vorhersehen und gut managen. Und wenn man schließen muss, bleibt einem nichts anderes übrig.

MIXOLOGY: Das Kwānt wurde bei den The 50 World’s Best Bars 2021, mitten in der Pandemie-Krise, auf Platz 31 gereiht. Wie war das für dich?

Erik Lorincz: Ich hätte mir schwer getan, die Auszeichnung anzunehmen, wenn das Voting und die Festsetzung während des Lockdowns stattgefunden hätten. Denn eine geschlossene Bar kann nicht ausgezeichnet werden. Aber das Voting fand statt, als wir geöffnet hatten.

MIXOLOGY: Während des Sommers hast du das Pop-Up Kwānt by the Sea im Me Hotel auf Ibiza gemacht. Konntest du denn Parallelen oder Gemeinsamkeiten in deiner Arbeit auf beiden Inseln feststellen?

Erik Lorincz: Ibiza und London sind sehr unterschiedliche Destinationen mit unterschiedlichen klimatischen Bedingungen, die ich jedoch beide sehr mag. Ibiza und das Me Hotel, in dem ich das Sommer-Pop-Up betrieben habe, ist eine Freizeit- oder Urlaubsdestination. Die meisten Gäste befinden sich hier auch auf Urlaub und sind dementsprechend locker, haben und genießen ihre Zeit, während London zumeist mehr von Business-Atmosphäre geprägt ist.

MIXOLOGY: Und trinktechnisch gesehen?

Erik Lorincz: Das ist natürlich auch sehr unterschiedlich. Ich würde hier niemandem einen Dry Martini empfehlen, sondern beispielsweise einen Pina Colada-Twist, den ich hier mit Spirulina-Sirup aus Algenpulver kreiere – eine Kwānt Colada. Das passt hierher. Oder einen Hacienda, ein Drink aus der Londoner Karte mit Patron Silver Tequila, Mezcal, fermentierter Karotte, Sherry, Cocchi Rosa, Agave und Limette. Die Drink-Kreationen müssen hier einfach anders zusammengesetzt sein, alleine wegen des Klimas, das fast schon tropisch ist, speziell an Tagen mit hoher Luftfeuchtigkeit und steigenden Temperaturen. Da müssen die Drinks erfrischend sein, und wir versuchen natürlich, regionale Produkte und Zutaten wie frische Früchten zu integrieren.

MIXOLOGY: Letzte Frage: Was erwartet uns im neuen Kwānt?

Erik Lorincz: Die DNA der Kwānt Bar mit ihrer Atmosphäre, ihren klassischen und auch fancy Drinks, wird erhalten bleiben. Allerdings beziehen wir in Mayfair in nahezu gleicher Größe eine Bar im Erdgeschoss mit großen Fenstern und hohen Decken, die wir zuvor nicht hatten. Es wird viel Licht einfließen. Wir nähern uns betrieblich auch dem Daytime-Geschäft. Neu wird auch sein, dass wir Cocktails to go und Take-away anbieten. Die zurückliegende Zeit hat uns gelehrt, weiterzudenken, und im Kwant 2 besitzen wir nun die Lizenz für das Take away-Geschäft.

MIXOLOGY: Danke für das Interview, Erik, und alles Gute für die neue Bar.

Credits

Foto: Erik Lorincz

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